In der Brust der Österreicher wohnen, was die EU betrifft, gewissermaßen zwei Seelen: Zum einen die Unlust, einem Beitritt nochmals zuzustimmen, zum anderen aber die rationale Erkenntnis, daß es zur Mitgliedschaft letztlich keine Alternative gibt. Zu diesem Donnerstag veröffentlichten Schluß kommt das Linzer Meinungsforschungsinstitut Imas nach der Auswertung von Ergebnissen einer Umfrage zwischen Ende Juli und Mitte August bei rund 1200 repräsentativ für die österreichische Bevölkerung ausgewählten Personen.
Die Österreicher sind laut Imas weiterhin überzeugt, daß es den Menschen hierzulande sowohl wirtschaftlich als auch in sozialer Hinsicht besser gehe, als in den meisten westeuropäischen Staaten. Allerdings habe das Selbstbewußtsein merklich eine Trübung erfahren und weise nicht mehr den Glanz der früheren Jahre auf. Vor allem die Überzeugung vom überlegenen Wohlstand sei spürbar zurückgegangen.
Im Dezember 1994, also unmittelbar vor dem Eintritt in die EU, erklärten noch 53 Prozent der Erwachsenen, daß es den Österreichern besser gehe als der Mehrheit der anderen Westeuropäer, jetzt vertraten nur mehr 42 Prozent eine solche Auffassung. Die Gegenmeinung ist zwar nur geringfügig - von neun auf 13 Prozent - gestiegen, stark zugenommen hat jedoch die Ansicht, es gebe in puncto Wohlstand zwischen hier und anderswo keinen Unterschied mehr.
Zustimmungsrate wächst mit höherer Bildung
Für Imas steht außer Zweifel, daß das Gefühl einer generellen Verschlechterung der Verhältnisse von der Bevölkerung in einen engen Zusammenhang mit der EU gebracht wird und den Gegnern eines Beitritts jetzt mit einem 41 Prozent-Anteil die Mehrheit verschaffen würde. 38 Prozent würden sich bei einer neuerlichen Volksabstimmung für einen Beitritt aussprechen. 21 Prozent hatten keine Meinung. Dennoch existiere dazu parallel eine sich wieder verfestigende Ansicht, daß die Mitgliedschaft in der EU im Grunde für Österreich wichtig sei.
Im August bezeichneten sie 15 Prozent als "sehr wichtig" und 33 Prozent als "wichtig". 22 Prozent fanden sie "nicht besonders wichtig", 18 Prozent als "gar nicht wichtig", kein Urteil hatten zwölf Prozent. Im April/Mai dieses Jahres hatte das Umfrageergebnis noch zehn Prozent "sehr wichtig", 28 Prozent "wichtig" und jeweils 23 Prozent "nicht besonders wichtig" und "gar nicht wichtig" gelautet. 16 Prozent hatten damals keine Meinung.
Von der Wichtigkeit der EU-Mitgliedschaft überzeugt sind vor allem die Angehörigen der höchsten Bildungsschicht, von ihnen halten insgesamt 63 Prozent Österreichs Präsenz in der Europäischen Union prinzipiell für wichtig oder sogar sehr wichtig, nur 29 Prozent der Gebildeten messen ihr geringe beziehungsweise gar keine Bedeutung zu.