"Wiener Zeitung":Mehrfach wurde am Dienstag nach dem Absturz darauf hingewiesen, dass das betroffene Flugzeug bereits 24 Jahre alt ist und knapp 58.300 Flugstunden hinter sich hat. Hätte die Maschine schon ausgemustert werden müssen?

Christian Hauser: Solange die Maschine gewartet und ordnungsgemäß freigeschrieben wird, sehe ich da kein Problem. Flugzeuge unterliegen einem streng limitierten und festgelegten Wartungszyklus. Wenn es notwendig gewesen wäre, hätte man die Maschine sicherlich ausgeschieden. Auch die Tatsache, dass Germanwings eine Billigfluglinie ist, hat mit dem Absturz nichts zu tun. Der Wartungsbetrieb von Germanwings-Maschinen ist in den von Lufthansa-Flugzeugen integriert.

Laut Sinkdaten der Maschine ist das Flugzeug in einem kontrollierten Gleitflug heruntergekommen. Es soll nicht "wie ein Stein vom Himmel" gefallen sein. Bei 6000 Fuß verlor die Luftfahrtbehörde dann den Kontakt zur Maschine. Lässt sich daraus etwas schließen?

Nein. Der Absturzort soll bei etwa 2700 Metern liegen - das passt mit den 6000 Fuß zusammen. Der Kontakt wird genau im Zeitpunkt des Aufschlages verloren gegangen sein, weil alle Systeme ausgefallen sind.

Der Pilot hat kein Notsignal abgesetzt - es scheint also keine Extremsituation geherrscht zu haben. Was genau passiert ist, werden erst die weiteren Untersuchungen zeigen. Es gibt derzeit keine Anhaltspunkte für Spekulationen - auch nicht, was die Maschine überhaupt dazu gebracht hat, zu sinken. Denn das ist seltsam.

Immer wieder gab es in der Vergangenheit Probleme mit vereisten Sensoren, welche dem Bordcomputer falsche Informationen lieferten - was letzten Endes dann zu Flugunglücken führte. Könnte das hier auch hier passiert sein?

Wettermäßig gibt es keine Anzeichen für dieses Szenario. Das Wetter soll ruhig gewesen sein. Andere Flugzeuge in der Nähe haben auch keine Kursabweichungen durchgeführt. In Europa gibt es zudem keine extremen Wetterphänomene wie beispielsweise in Südostasien. Die Gefahr, dass so etwas in unseren Breiten passiert, ist sehr gering. Ausschließen lässt sich momentan aber nichts.

Also muss man jetzt die Ergebnisauswertung des bereits gefundenen Flugschreibers abwarten?

Genau. Auch der "Cockpit Voice Recorder", ein Sprachaufzeichnungsgerät, kann nützliche Informationen liefern. Wenn außerdem die Radardaten gesichert sind und die französische Flugsicherung eine Abschrift des Funkverkehrs durchgeführt und veröffentlicht hat, wird man Genaueres wissen.

In vergangener Zeit - speziell 2014 - scheinen sich Flugzeugunglücke zu häufen: Man denke nur an den seit mehr als einem Jahr verschwundenen Flug MH370 oder die abgestürzte AirAsia-Maschine im Dezember. Ist der zivile Luftverkehr insgesamt unsicherer geworden oder hat die Luftfahrt einfach ein schlechtes Jahr erwischt?

Ich würde auf ein schlechtes Jahr tippen. Solche Vorfälle wie beim AirAsia-Flug hat es auch in der Vergangenheit immer wieder gegeben. Es trifft mal den einen Flugzeugtyp öfter, mal den anderen. Man darf auch nicht vergessen: Viele Zwischenfälle, die manchmal fast in Katastrophen geendet wären, schaffen es zudem gar nicht in die Medien.

Vor einigen Jahren musste ein Southwest-Flug in einer Militärbasis in Arizona in den USA notlanden, weil das Flugzeug ein Loch in der Kabinendecke hatte. Dort ist es nochmals gut gegangen, es hätte aber ebenso viele Opfer fordern können.

Zur Person

Christian Hauser

49 Jahre, ist Korrespondent der deutschen Fachzeitschrift "Flieger- Revue" und befasst sich vor allem mit ziviler Luftfahrt.