Düsseldorf/Barcelona/Paris. Nach dem Absturz der Germanwings-Maschine in den französischen Alpen hat die Staatsanwaltschaft von Marseille Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung aufgenommen. Die Flugüberwachung habe kurz vor dem Unglück vergeblich versucht, Kontakt zu dem Airbus herzustellen, sagte Staatsanwalt Brice Robin.
Was in den acht Minuten vor der Katastrophe geschah, war am Mittwochabend zu Redaktionsschluss nicht bekannt. Die erste Blackbox, der Cockpit Voice Recorder (CVR), der Geräusche und Gespräche im Cockpit aufzeichnet, war bereits Dienstagabend gefunden worden. Sie war zwar beschädigt, jedoch auswertbar. Mit Ergebnissen konnte die Experten von der französische Untersuchungsbehörde BEA am Mittwoch trotzdem nicht aufwarten. "Es ist noch viel zu früh um aus den Audiodateien auch nur den geringsten Schluss zu ziehen", sagte BEA-Chef Rémi Jouty. Man werde mehrere Tage lang die Aufnahme Stück für Stück zusammensetzen.
Explosion ausgeschlossen
Eines konnte Jouty allerdings mit Sicherheit sagen: Es habe keine Explosion gegeben, da "das Flugzeug bis zum Schluss geflogen ist". Ein von Experten gezeichnetes mögliches Szenario ist, ein Druckabfall in der Kabine beziehungsweise im Cockpit, etwa durch eine gesprungene Cockpitscheibe. Auch Jouty schließt dieses Szenario nicht aus: "Es könnte ein Szenario eines Druckabfalls gegeben haben. Aber ich möchte da jetzt nichts Konkretes zu sagen, weil das nicht sicher ist."
Von der zweiten Blackbox, dem Flugdatenschreiber, der hunderte Flugparameter wie Höhe, Geschwindigkeit und Kurs aufzeichnet, wurde am Mittwoch lediglich die Hülle gefunden. Die Bergungsmannschaften arbeiteten unterdessen an der schwer zugänglichen Unglücksstelle weiter.
Der Airbus A320 war am Dienstag auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf mit 150 Menschen an Bord in der schwer zugänglichen Bergregion abgestürzt. Keiner hat das Unglück überlebt. Ersten Angaben zufolge waren 72 Deutsche und 51 Spanier unter den Opfern. Es waren auch Passagiere aus Australien, Argentinien, Iran, Venezuela, den USA, Großbritannien, Niederlande, Kolumbien, Mexiko, Japan, Dänemark, Belgien und Israel an Bord. Ebenso zwei prominente Mitglieder der Opernwelt: die Altistin Maria Radner, die mit ihrem Mann und ihrem Baby reiste, und der Bassbariton Oleg Bryjak. Es handelt sich um eine der schwersten Katastrophen in der deutschen Luftfahrtgeschichte.
In einer gemeinsamen Pressekonferenz gaben Frankreichs Präsident François Hollande, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy in Seyne-les-Alpes ihrer Trauer und ihrem Beileid Ausdruck sowie ihrem Willen das Unglück gewissenhaft aufzuklären.
Germanwings strich am Dienstagabend zahlreiche Flüge. Etliche Besatzungen waren nicht zum Dienst angetreten. Auch am Mittwoch erklärten sich mehrere Crews für nicht einsatzbereit. Grund sei "der Schockzustand sowohl beim Kabinen- wie beim Cockpitpersonal", sagte ein Sprecher der Fluggesellschaft. Am Mittwoch strich die Fluglinie gleichwohl nur einen einzigen Flug, ihren Flugbetrieb stemmte sie mithilfe der Konkurrenz.
Dass ein Teil des Germanwings-Personals es vorerst ablehne, mit einer Maschine des verunglückten Typs zu fliegen, "darauf haben wir keine Hinweise", sagte der Sprecher der Fluglinie. Schon am Dienstag hatte der Lufthansa-Vorstandsvorsitzende Carsten Spohr versichert, der verunglückte Airbus der Tochter Germanwings sei "in hervorragendem technischen Zustand" gewesen.