Vatikanstadt. Der Vatikan rechnet mit einem kurzen Verfahren gegen die fünf im "Vatileaks-Skandal" wegen Dokumentendiebstahls angeklagten Personen. Der am Dienstag beginnende Prozess sollte bis zu dem am 8. Dezember geplanten Beginn des Jubiläumsjahres beendet werden, wie die römische Tageszeitung "La Repubblica" am Sonntag berichtete.
Den Prozess führt Gerichtspräsident Giuseppe Dalla Torre zusammen mit drei weiteren Richtern. Nach der ersten Anhörungen am Dienstag hat die Verteidigung bis zum Samstag Zeit, entlastende Beweise vorzulegen. In der darauffolgenden Woche könnte es schon zu einem Urteil kommen. Den Angeklagten drohen bis zu acht Jahre Haft.
Buchautoren vor Gericht
Vor Gericht werden sich der durch seine Veröffentlichung vertraulicher Dokumente der Kurie bekannt gewordene italienische Enthüllungsjournalist Gianluigi Nuzzi sowie sein Kollege Emiliano Fittipaldi verantworten müssen. Beide hatten vor zwei Wochen getrennt voneinander Bücher veröffentlicht, in denen sie dem Vatikan unter anderem Geldverschwendung vorwerfen.
Ein Prozess steht auch der PR-Agentin Francesca Chaouqui und dem spanischen Prälaten Lucio Angel Vallejo Balda, der sich in Untersuchungshaft befindet, bevor. Vallejo Balda, ein Mitglied des erzkonservativen katholischen Bundes Opus Dei, war Sekretär der von Papst Franziskus eingerichteten Kommission für die Überprüfung der Wirtschafts- und Verwaltungsstrukturen (Cosea), der auch die PR-Expertin Chaouqui angehörte. Chaouqui durfte das Gefängnis inzwischen verlassen, weil sie mit den Behörden kooperierte.
Anklage wurde zudem gegen eine fünfte Person, Nicola Maio, erhoben. Der frühere Mitarbeiter der Cosea-Kommission wurde bisher nicht mit dem Vatileaks-Skandal in Verbindung gebracht. Die Drei Cosea-Mitglieder werden beschuldigt, eine "kriminelle Vereinigung" mit dem Ziel der Veröffentlichung von Dokumenten gebildet zu haben, die "wesentliche Interessen des Heiligen Stuhls und des Staates betreffen", heißt es im Vatikan-Dokument, mit dem der Prozess gegen die fünf Angeklagten beschlossen wurde. Wenn diese sich weigern, vor Gericht zu erscheinen, soll ihnen in Abwesenheit der Prozess gemacht werden.
"Wollten Papst helfen"
Laut "La Repubblica" wollten die drei Cosea-Mitglieder mit der Veröffentlichung der vertraulichen Dokumente durch Nuzzi und Fittipaldi dem australischen "Wirtschaftsminister" im Vatikan, Kardinal George Pell, schaden. Dieser sei von Balda beschuldigt worden, keine wahren Reformen im vatikanischen Finanzwesen einleiten zu wollen, berichtete "La Repubblica". Mit Hilfe von Chaouquis Ehemann, einem Informatiker, hätten die beiden Enthüllungsjournalisten Passwörter erhalten, um vertrauliche Cosea-Dokumente einsehen zu können. "Wir wollten dem Papst bei seinen Reformen helfen", verteidigten sich Balda und Chaouqui.