Meine Reise beginnt in Utahs Hauptstadt Salt Lake City. Dort haben sich vor vielen Jahren, ganz genau im Jahr 1847, die Mormonen an der Ostküste des Großen Salzsees niedergelassen. Sie waren aus dem Osten der USA geflüchtet, nachdem ihr geistiger Führer einem Lynchmord zum Opfer gefallen war. Damals war hier Niemandsland, das zu Mexiko gehörte.
So konnte die Gruppe der Ausgestoßenen überleben und sich festigen. Die heute noch starke Präsenz der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, wie es korrekt heißt, zeigt sich im Stadt-Zentrum, am Temple Square. Dort spaziere ich mit großen Augen über die Mainstreet Plaza. Im Mittelpunkt stehen der majestätische Salt Lake Temple im Stil des Historismus aus dem 19. Jahrhundert, sowie die neugotische Assembly Hall und der Tabernakel, ein Kuppelsaal, der eine beeindruckende Orgel mit 11.623 Pfeifen beherbergt. Dort kann man am frühen Nachmittag 30-minütige Orgel-Konzerte erleben, oder, wenn man Glück hat, einer Probe des renommierten Mormon-Tabernacle-Chors lauschen.
In der Adventszeit ist der Temple Square hundertfach bunt beleuchtet. Ordentlich angezogene Familien prägen das Bild. Was für eine Kulisse! Weit im Hintergrund sehe ich das imposante Gebirgspanorama der Wasatch-Bergkette, die an manchen Stellen über 2000 Meter hoch ist.
Ein paar Blocks entfernt lockt ein Besuch am Christkindlmarkt, und zwar dort, wo die Siedler sich nach ihrer Flucht zuerst niederließen. Zwerge weisen den Weg zum "This is the Place Heritage Park". Auf einer kleinen Bühne musizieren eine junge Dame im Dirndl und ein Bursch mit Gitarre im Alpen-Jopperl. Sie singen unter anderem deutsche Weihnachtslieder. Es duftet nach Lebkuchen und heißen Getränken. All das hat wohl zum guten Ruf beigetragen, denn die 200.000 Einwohner zählende Stadt wurde vor nicht allzu langer Zeit zur entspanntesten Stadt der USA gekürt.
2002 fanden dort die Olympischen Winterspiele statt. Erwähnenswert ist noch ein ausgedehntes, kostengünstiges Bike-Sharing-Programm. Für amerikanische Großstädte eher ungewöhnlich ist die Stadtbahn; die Salt Lake City Light Rail, die für mich ebenfalls zu den positiven Punkten zählt. Von Salt Lake City erreicht man in relativ kurzer Distanz fünf Nationalparks sowie elf erstklassige Ski-Resorts, die der Stadt die Auszeichnung "Ski City" eingebracht hat.
Skifahren mit den Amis
Raus aus der Stadt und ab in den Süden. Vier Autostunden entfernt liegt Utahs 1964 entstandenes, höchstgelegenes Skigebiet Brian Head. Über Serpentinen klettern wir hinauf und erreichen ein rustikales Bergdorf, das auf fast 3000 Metern Höhe liegt. Der höchste Skiberg ist dort noch einmal 500 Meter höher., was ich deutlich merke.
Wir genießen das Schifahren auf den Pisten. Im Gelände ist alles so wie bei uns, allerdings sind die Häuser im großzügigen amerikanischen Alpin-Stil gebaut. Elf Meter Neuschnee pro Jahr sind dort ganz normal, erzählt uns Schischullehrer Robert mit einem entspannten Lächeln. Nach dem Skitag relaxen wir beim Apres Ski zwischen den Red Rocks, mit Rock'n'Roll, Country Songs und riesigen Portionen von Spare Ribs und Potato Chips. Der Abend endet beschaulich am offenen Kamin mit Drinks und Soft Rock.
Zion heißt soviel wie Zufluchtsort. Diese Bezeichnung für den Canyon haben die Mormonen geprägt. Einstmals lebten dort Anasazi, Ute und Paiute. Eine vielbesuchte Zuflucht ist es geblieben, die Natur ist geschützt und seit 1919 der Zion Nationalpark, eine vielfältige Landschaft aus grünen Tälern, engen Sandstein-Schluchten und spektakulären Stein-Formationen aus roten und weißgrauen Sandstein-Felswänden aus der Jurassic-Zeit, die sich 600 bis 1000 Meter hoch vor einem auftürmen.
Erdschichten wurden hochgeschoben, verkanteten sich, den Rest erledigten die wilden Wasser. Zion- und Kolob-Canyon sind die bekanntesten Felsschluchten. Wir wandern am Emerald Pool Trail, durchstreifen einen uralten Wald mit Ahorn, Eichen und Pappeln, entlang von glitzernden Wasserfällen bis zu den in grünes Licht getauchten Smaragd-Becken.
Fasziniert vom Hoodoo-Zauber
Mein persönlicher Favorit unter den US-National Parks ist Bryce Canyon. Es ist einzigartig, am frühen Morgen am Inspiration Point mit Blick auf das Amphietheater darauf zu warten, dass die Sonne aufgeht. Langsam beginnt das Licht-Spektakel. Je mehr Sonnenlicht auf die Felsen trifft, desto stärker erstrahlen die Farben von Tausenden von Purpurtürmen, der sogenannten Hoodoos. Sie scheinen feurige, purpurn leuchtende zu sein. Es ist ein einmaliges Erlebnis zum Staunen und Genießen.
Jetzt und hier scheint man dem Schöpfer ein wenig näher zu sein, denke ich für mich. Manche Stein-Formationen haben sogar skurrile Bezeichnungen wie "Thors Hammer", "Alligator" oder "Fünf nackte Burschen in der Dusche". "So eine immense Anzahl an Steinsäulen gibt es sonst nirgendwo auf der ganzen Welt," erzählt Donovan, unser indigener Guide. "Dieses Hochplateau liegt recht hoch. Deswegen ist es meist kühler als in anderen Parks. Es herrscht wenig Lichtverschmutzung. Die Nächte sind oft wolkenlos, was gut zur Sternenbeobachtung genützt werden kann. Vierzehn Beobachtungspunkte sind im Park eingerichtet.
Ein Gratis-Shuttle bringt Besucher zu markanten Punkten. Auch Tageswanderungen sind möglich," fasst Donovan zusammen. Dies ist bereits mein zweiter Besuch in Bryce Canyon, diesmal tragen die Hoodoos Schneemützen, was ein ganz anderes Bild entstehen lässt.
Der absolute Fotografen-Hotspot
Wenn es einen Canyon speziell für die Sucht nach guten Bildern von uns Hobby-Fotografen gibt, dann ist es der Antelope Canyon auf dem Gebiet der Navajos. In der Stadt Page, von der aus viele Parks zu erreichen sind, buchen wir eine Führung. Hinein in die Jeeps, hinaus aus der Stadt durch eine felsige Stein-Wüste. Von außen, also vor dem Einlass, ist nicht zu erkennen, wie spektakulär es im Inneren aussieht. Arden, unser Führer, bringt uns hinein und hat für alle, vor allem aber für I-Phone-Benützer, gute Foto-Tipps parat. Der Canyon besteht aus Felsspalten, die sich im Lauf der Zeit durch die Fluten des Flusses, der dort durchgefegt ist, gebildet haben.
Die ausgewaschenen, kreuz und quer stehenden Sandstein-Felsen des Antelope Canyon leuchten in Pastelltönen. Zwischendurch schiebt sich von hoch oben ein wenig blauer Himmel dazwischen. Es ist fantastisch. Ich kann nicht anders als alle paar Meter ununterbrochen knipsen. Das 90-Minuten-Foto-Shooting vergeht wie im Nu. Schlussendlich wandern wir auf den Felsen über dem Canyon zum Jeep zurück, wobei auch das Himmelsschauspiel draußen über den Felsen festgehalten werden muss.
100 Jahre Nationalpark
Schuld an allem ist der Colorado River, höre ich von Donovan, unserem Guide, als ich am südlichen Rand auf die unglaubliche Weite des Grand Canyon hinabblicke. Seit nunmehr sechs Millionen Jahren gräbt sich der Fluss durch das Gestein, was letztendlich zu dieser spektakulären Schlucht geführt hat. Bereits drei Mal bin ich im Lauf der Zeit oben bei Mary Colters Look Out Studio gestanden und bin jedes Mal wieder von Neuem fasziniert. Vor genau hundert Jahren wurde aus dem Monument ein US-Nationalpark.
Ein paar Fakten: Der Große Canyon ist rund 450 Kilometer lang, bis zu 1800 Meter tief und an seiner breitesten Stelle 26 Kilometer weit. Ich bin einer von rund sechs Millionen Besuchern, die alljährlich den National Park besuchen. Bereits vor 3000 Jahren siedelten hier die ersten indigenen Jäger und Sammler.
Im Fokus stehen im Jubiläumsjahr auch die Abenteurer, die den Park erkundet haben. Eine herausragende Bedeutung kommt der Expedition des einarmigen John Wesley Powell zu, der 1869 mit neun Mann und vier Holzbooten als Erster das Wagnis, dieses riesige Gebiet zu erkunden, auf sich nahm. Etwa 1500 Kilometer legten die Männer zurück, und trotzten den zahlreichen gefährlichen Stromschnellen. Powell wiederholte die Fahrt sogar, fertigte genaue Karten und Berichte an, und gab dem Canyon seinen Namen.
Durch die Whiskey Row
Gegen Ende unseres Trips durch Arizona und Utah machen wir noch Station in Prescott. Der Wilde Westen prägte diese Stadt, die 1864 gegründet wurde. Bereits 1888 wurde eine andere Westerntradition ins Leben gerufen, nämlich das Rodeo. Bis heute gilt es als "Das erste Rodeo der Vereinigten Staaten".
Wir spazieren durch die legendäre Whiskey Row und bekommen ein wenig einen nostalgischen Eindruck von den Zeiten des Goldrauschs. Mitten im Zentrum in der Montezuma Street befand sich einstmals das Rotlichtviertel, wo damals die Post abging, mit 40 Bars und Saloons sowie zahlreichen Bordellen. Cowboys feierten gemeinsam mit den Goldgräbern.
Western-Legenden wie Wyatt Earp oder Doc Holliday, mit seiner Mätresse Big Nose Kate, waren dort unterwegs. Yippie! Natürlich möchte ich dieses Western-Gefühl auch ein wenig genießen und gehe in den Western Saloon. Das Lokal ist brechend voll, es herrscht eine ausgelassene Stimmung und eine Country-Rock-Band spielt auf. Dazu lasse ich mir ein lokales Bier abzapfen, und danach einen Bourbon schmecken.
Gleich zweimal war Prescott die Hauptstadt Arizonas, bis diese Auszeichnung endgültig nach Phoenix wanderte, erfahre ich von Richard, der neben mir an der Bar im Western-Outfit steht. Anno 1900 vernichtete ein Großfeuer innerhalb weniger Stunden sämtliche Holzgebäude der Innenstadt.
Mit Stein und Ziegeln bauten die Einwohner ihre Altstadt wieder auf. Mit kleinen Läden, Hotels, Restaurants und Saloons, die zum Herumschlendern einladen. Die Gemeinde-Bürger halten gut zusammen, organisieren viel, so ist immer etwas los. Vor allem im Advent, wenn "Arizonas Weihnachts-Stadt" weihnachtlich geschmückt ist und sich mit vielen, bunten Lichterketten strahlend präsentiert. Da gibt es dann Weihnachten wie damals, mit Adventparaden, Straßenmusik und Weihnachtskapellen.
Auch die Umgebung Prescotts hat einiges zu bieten. Rundum befindet sich der größte Ponderosa-Kiefernwald der USA. Landschaftliche Highlights sind der Watson Lake Park und Granite Dells, ein Stausee, aus dem unzählige, zerklüftete Granitfelsen aufragen. Vom oberen Aussichtspunkt ergeben sich viele wunderbare Fotomotive. Motorboote sind nicht zugelassen, dafür sind aber Kajaks und Elektroboote willkommen. Wir wandern ein paar Meter auf dem Lakeshore Trail am Ufer des Sees entlang, bis zum Watson Creek Damm am Ende des Sees und genießen ein letztes Mal die Natur.