Es war einmal ein Barbar, der zog mit drei Gefährten (Zwerg, Alb und Zauberer) los, in unterirdischen Gewölben 14 Herausforderungen zu bestehen, in denen es Monster zu besiegen, Fallen zu entschärfen, Geheimtüren zu finden, Gefangene zu retten und Schätze zu heben galt. "HeroQuest" hieß das epische Rollenbrettspiel von Stephen Baker, das 1989 (fünf beziehungsweise sieben Jahre nach den beiden "Conan"-Filmen mit Arnold Schwarzenegger) in Kooperation mit Games Workshop beim Hasbro-Label Milton Bradley (MB) erschien und dafür sorgte, dass unzählige Jugendliche Stunden über Stunden nicht nur an Atari, Commodore (die Microsoft-PCs hielten erst später Einzug in Österreichs Kinderzimmern) oder den ersten Videospielkonsolen von Sega und Nintendo (von Xbox oder PlayStation war noch lange keine Rede) verbrachten, sondern eben auch mit Kampfwürfeln Duelle mit dem Spielleiter (der als böser Gegner zugleich durch die Handlung führte) ausfochten.

Das Basisspiel und zwei Erweiterungen kehren auf Deutsch zurück.
- © HasbroDoch schon 1993 war Schluss, und "HeroQuest" verschwand - völlig zu Unrecht - in der Versenkung. Fast 30 Jahre später ist der legendäre Dungeon Crawler bei Hasbro jetzt endlich wieder da, inhaltlich weitgehend unverändert und in einem behutsam, mit viel Liebe zum Detail aufgefrischten Design. Neben dem Basisspiel werden heuer auch zwei der insgesamt sechs Erweiterungen, die es seinerzeit gab, in der deutschen Version neu aufgelegt: "Die Bastion Kellars Keep" und "Die Rückkehr des Hexen-Lords". Das Spielprinzip relativ einfach. Trotzdem können die bis zu vier Spieler, die mit ihren Helden auf Schatz- und Monsterjagd gehen, viele Fehler machen, vor allem taktische. Und sie sollten viel Zeit mitbringen, nämlich ein bis zwei Stunden für jede der 14 Herausforderungen des Basisspiels.
Ansprechende Optik und enormer Spielspaß
Leicht verständliche Regeln - die Anleitung ist in der Neuauflage sehr, fast schon zu redundant - kombiniert mit unvorhersehbaren Gefahren, spannenden Würfelduellen und einer wirklich ansprechenden Optik sorgten damals und sorgen auch heute für enormen Spielspaß. Die neuen Spritzgussfiguren sind nicht nur viel detaillierter gestaltet, sondern auch etwas weicher, sodass hoffentlich Kleinteile wie Schwerter weniger leicht abbrechen. Der Preis von zirka 120 Euro für das Basisspiel gehen angesichts dessen, was man alles in der Verpackung vorfindet, durchaus in Ordnung, auch wenn er manche Neulinge abschrecken könnte.

Der Preis lässt auch vermuten, dass die Zielgruppe in erster Linie nostalgische Fans der ersten Stunde sind, für die dieses Spiel ein wesentlicher Bestandteil ihrer Jugend war. Sie sind heute um die vierzig und haben nun teilweise selbst Kinder im passenden Alter. Ob allerdings diese Generation, die mit PlayStation, Xbox und Switch (und vor allem dem Handy als Spielgerät) aufwächst, auf ein analoges Brettspiel einsteigt, das dermaßen viel Zeit und Platz benötigt, ist leider fraglich. Dass der US-Spielzeugriese Hasbro bei dieser Neuauflage auch auf Crowdfunding gesetzt hat, lag wohl weniger an mangelndem Kapital, sondern dürfte eher der Sondierung gedient haben, wie denn das 33 Jahre alte Spiel heute angenommen wird.
"HeroQuest" ist ein kooperatives Spiel. Nur gemeinsam können die vier Heroen den bösen Zargon (der früher auf Deutsch Morcar hieß und nun denselben Namen wie im englischen Original trägt) und seine finsteren Armeen besiegen, wobei man es auch zu zweit besser spielen kann als erwartet. Das neue Inventar ist klar besser als früher. Die Torbögen sind aus Kunststoff statt früher aus Karton, damit sind sie stabiler und fallen nicht so leicht um. Überhaupt wurde sehr viel Karton durch Plastik ersetzt. Außerdem gibt es viel mehr Karten und Inventar als früher, darunter auch Totenköpfe und Ratten, die man dekorativ im Dungeon verteilen kann. Bloß die Steinkugel in "Die Bastion Kellars Keep" ist nach wie vor ein Plättchen und nicht dreidimensional.

Der böse Zargon (hinten) führt seine guten Gegenspieler auch als Spielleiter durch die Handlung.
Jetzt neu im Dungeon: Monster mit Brüsten
Die Einleitung im Begleitheft, das ebenso wie das Regelheft jetzt bunt und noch übersichtlicher ist, wurde umgeschrieben: Die Sprache ist mystischer geworden, da hat man sich also schon viel Mühe beim Überarbeiten gegeben. Auch die Erläuterungen auf dem Sichtschutz für den Spielleiter sind wesentlich ausführlicher und helfen damit enorm beim Spielen. Die Rollenkarten für die Heroen sind kleiner geworden, wurden dafür um Übersichtskarten ergänzt, auf denen noch einmal die Spielreihenfolge abgebildet ist, sodass man nichts vergisst. Auch zu den Monstern gibt es jetzt übersichtliche Rollenkarten, die Angriffs- und Verteidigungsstärke, Körperkraft etc. aufschlüsseln. Und im Dungeon wurde gegendert: Die Helden heißen zwar gleich wie früher, aber aus dem Alben ist nun eine Elfenkriegerin geworden. Und einige Monster haben jetzt ebenfalls Brüste.

Jede Figur hat ihren eigenen Platz in der Verpackung - nur für die ausgestanzten Kartonplättchen gibt es leider keine Aussparung.
- © WZNeu sind auch die Illustrationen. Manche Bilder haben einfach ein Facelift bekommen, andere sind ganz anders, wobei die vier Helden in der Neuauflage wirken, als wären sie direkt aus einem Videospiel herauskopiert worden, im Gegensatz zu den klassischen Zeichnungen von 1989. Insgesamt ist die Optik farbenprächtiger und opulenter als früher. Vor allem die Spielfiguren, die schon im Original beeindruckend waren, sind jetzt erst recht ein Hingucker. Auch die Aufbewahrungsbox ist durchdacht: Jede Figur, jede Karte hat ihren eigenen Platz. Einzig für ein paar Kartonplättchen, die am Anfang in einem vorgestanzten Bogen sind, fehlt hinterher eine Aussparung. Zurück in die Stanz drücken ist zwar eine Option, aber halt auch eher mühselig.
(K)eine Frage des Alters: Früher ab 9 Jahren, jetzt ab 14
Einziger echter Kritikpunkt: Die Herausforderungen sind allesamt im Aufbau bis zur Platzierung der Monster hin völlig ident mit dem Original von 1989. Das schmälert dann wohl doch ein wenig die Kauflust jener, die es noch vollständig daheim haben. Aber - und das ist neu - das "Buch der Herausforderungen enthält auf der letzten Seite eine Blanco-Spielplan samt Anleitung zur Erstellung eines ganz eigenen Abenteuers. Wirklich ganz neue Räume, Monster und auch Helden gibt es in der Erweiterung "HeroQuest Mythic", die aber zumindest vorläufig nur in den USA erhältlich sein dürfte.
Zum Schluss noch ein Detail am Rande: 1989 hatte "HeroQuest" bei MB in der ersten Version (insgesamt gab es zwei verschiedene in Europa, eine in den USA und eine in Japan) die Altersempfehlung "ab 9 Jahren" - heute steht "14+" auf der Schachtel. Man kann es trotzdem auch schon mit Unterstufenschülern spielen.