In der Natur und mit Tieren arbeiten, mehr mit den Händen machen – viele suchen einen Ausgleich zum bewegungsarmen Bürojob. Das Imkern bietet da eine willkommene Abwechslung. Gleichzeitig verrichtet man eine sinnvolle Tätigkeit, denn die emsigen Arbeiterinnen (2020 gab es rund 426.121 Bienenvölker) liefern den Österreichern nicht nur rund 4.000 Tonnen Honig jährlich, sondern sind auch für die Bestäubung der Pflanzen, ergo für die Sicherstellung heimischer Biodiversität unverzichtbar.
Die Honigernte ist ein süßer und gesunder Nebeneffekt, von dem man als Imker profitieren kann. Das flüssige Gold wurde bereits von den alten Ägyptern als Grab- und Opferbeigabe, Konservierungs- und Zahlungsmittel geschätzt und für die natürliche Wundheilung eingesetzt. Die Bewunderung für Honig und Insekt fand sogar in Gestalt von Bienen-Hieroglyphen Verewigung.
Hobby oder Beruf?
Der durchschnittliche Österreicher verzehrt pro Jahr ein Kilogramm Honig. Dass diese Menge für die Bienen eine Flugstrecke von bis zu 145.000 Kilometern bedeutet, um ausreichend Nektar und Pollen zu sammeln, ist allerdings ein eher unbekannter Fakt. Doch die Honiggewinnung ist nicht nur ein immenser Arbeitsaufwand für die Biene selbst, auch der Mensch ist auf mehreren Ebenen gefordert. Obwohl der Einstieg in die Imkerei relativ niederschwellig und die Berufsbezeichnung nicht geschützt ist, benötigt man dennoch ausreichend Wissen, um Bienenvölker gesund zu halten und gut über den Winter zu bringen, denn ein zu schwaches oder schlecht versorgtes Volk überlebt die kalten Monate häufig nicht.
Der klassische Weg in die Imkerei erfolgt nach dem Schulabschluss über eine Lehre – in Wien wird der Lehrberuf "Bienenwirtschaft" angeboten. Die meisten betreiben die Imkerei allerdings als reines Hobby, bloß wenige der ungefähr 31.923 in Österreich gemeldeten Imker entscheiden sich für eine Erwerbstätigkeit in der Imkerei, die zur Landwirtschaft zählt. Eine fundierte Ausbildung ist jedoch für beide Gruppen – also sowohl für Hobby- als auch Erwerbsimker – ratsam. Für Erwachsene bieten sich Ausbildungen über den zweiten Bildungsweg an, die in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt sind.
Maria Theresias "Bienenhauptschule"
Um bestmöglich auf die Arbeit mit den Bienen vorbereitet zu sein, werden von einigen Bildungseinrichtungen Grundkurse angeboten. An der Imkerschule Wien kann man sich aus mehreren berufsbegleitenden Grundkursen den zeitlich passenden aussuchen. Außerdem lernt man hier an der ältesten Ausbildungsstätte für Imker weltweit, denn diese Einrichtung wurde 1769 von Maria Theresia als "Bienenhauptschule" ins Leben gerufen. Ursprünglich im Belvedere beheimatet, befindet sie sich seit 1964 im Wiener Donaupark. Unterrichtet werden die Teilnehmer größtenteils von "Wanderlehrern". Christian Trattner, Leiter der Wiener Imkerschule, hat sich ebenfalls kürzlich zum Wanderlehrer ausbilden lassen. Dieser Begriff lässt sich erneut auf Maria Theresia zurückführen. Sie plante, jeden Bauernhof mit Bienenstöcken auszustatten. Da das für die Bienenhaltung benötigte Knowhow oft fehlte, zogen Wanderlehrer durch Österreich und führten die Landwirte in die Imkerei ein.

Praxis wird in der Wiener Imkerschule großgeschrieben.
- © Christian TrattnerVier Theorie-Module bringen den Grundkursteilnehmern zunächst die Basiskenntnisse der Bienenhaltung und -gesundheit näher, bevor es zwischen März und Juli an die praktische Arbeit am Bienenvolk geht. Hierfür gibt es im Garten der Imkerschule zahlreiche Bienenstöcke, an denen unterschiedlichste Arbeiten veranschaulicht und von den Teilnehmenden selbst vollzogen werden.
Rechtlich gibt es beim Imkern einiges zu beachten, denn nicht überall darf ein Bienenvolk platziert werden. Es gibt länderspezifische Bienenschutzgesetze, die bestimmte Abstandregelungen zur Grundgrenze definieren. Einige Einheiten widmen sich zudem Imkereiprodukten, wie etwa Honig, Propolis und Pollen. Honig weist bis zu 180 verschiedene Bestandteile auf, darunter sind mehrere Einfach-, Zweifach- und Mehrfachzucker, weshalb diese – anders als Haushaltszucker – zeitversetzter aufgenommen werden und den Organismus somit weniger stark belasten.
"Wir sind als Imker Lebensmittelproduzenten und müssen eine Vielzahl an Gesetzen einhalten – von Etikettierungsvorschriften bis hin zum österreichischen Lebensmittelkodex. Da sind ein paar Feinheiten, die wir mitgeben wollen, damit niemand Probleme mit Falschangaben hat", erklärt Ernst Hüttel, Vorstandsmitglied des Landesverbandes für Bienenzucht und Referent an der Imkerschule. Die in Österreich gültigen Lebensmittelgesetze sind streng. Imker dürfen dem Honig weder etwas hinzufügen noch entnehmen. Werden beispielsweise Früchte beigemischt (etwa beim Cremehonig), muss das ganz klar ausgewiesen werden. "Was die Bienen in die Waben einlagern, sollte dann auch 1:1 im Glas landen. Sie liefern uns ein perfektes Naturprodukt und das müssen wir so beibehalten", betont Ernst Hüttel.
Der Präsident des Landesverbandes sowie Obmann des ältesten Wiener Imkervereins "Wien-Westend", Kurt Krottendorfer, weist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der Honigherkunft hin: "Da ist noch sehr viel Aufklärungsarbeit nötig. Konsumenten denken, wenn Honig draufsteht, ist Honig drin und das ist gesund. Auf dem Etikett liest man oft: Aus EU- und Nicht-EU-Ländern, aber nicht zu welchem Prozentanteil. Auch deutscher Honig kann dann möglicherweise mit anderem Honig gemischt sein." Vielleicht mit Honig aus Ländern, in denen die Lebensmittelproduktion nicht so stark reglementiert wird.
Honig zählt zu jenen Lebensmitteln, die am häufigsten gefälscht werden. Da die einheimische Honigproduktion nicht den gesamten Tagesbedarf in Österreich deckt und häufig Importe in den Regalen stehen, landet womöglich auch gepanschter Honig auf dem Brot. "Imker sollten ihr Produkt mehr schätzen, sodass sie dessen Qualität auch besser vermitteln können", betont Kurt Krottendorfer.
In Kooperation mit den land- und forstwirtschaftlichen Lehrlings- und Fachausbildungsstellen können an der Imkerschule überdies die einjährige Facharbeiter- und dreijährige Meisterausbildung besucht werden, die zur eigenen landwirtschaftlichen Betriebsführung befähigen und sich an Erwachsene mit ausreichend Bienenerfahrung richten. Jährlich wechselnde Spezialkurse und Schulungen weisen unter anderem auf die Bedeutung des hygienisch sauberen Arbeitens oder den Umgang mit der schädlichen Varroa-Milbe hin.
Neue Lehrkonzepte
Auch die Schule der Erwerbsimker "imker.ag" und das gemeinnützige Unternehmen "Stadtbienen" haben Sonderkurse zu diesen Themengebieten im Programm. Bieneninteressierte können sich hier auch für Einsteigerkurse entscheiden, die sich über zwölf Monate erstrecken und zum Teil auf Online-Lehre setzen. Das Kursangebot beschränkt sich dabei nicht auf die österreichische Hauptstadt, sondern bezieht auch weitere Städte in Österreich, Deutschland und der Schweiz mit ein.

Fleißiges Bienchen: Die Arbeitsteilung ist für Honigbienen typisch. Jedes der rund 40.000 bis 80.000 Individuen hat im Bienenstaat eine eigene Aufgabe.
- © Liliane-Sarah KölblMarian Aschenbrenner unterrichtet die Kursteilnehmer in Wien. In den praxisorientierten Einheiten können sich Anfänger im "Bienenlerngarten" unter Anleitung selbst an die Bienen wagen. Der Inhaber der Erwerbsimkerei "Bienenzentrum Wien" (BIEZEN) ist auch in der Bienenzucht tätig und war an der Gründung von imker.ag beteiligt. Ursprünglich begann er mit dem Unterrichten, weil ihm beim Verkauf seiner Bienenvölker auffiel, dass immer wieder dieselben Kunden zu ihm kamen. Auf die Frage, warum neue Bienen benötigt werden, kam oft die Antwort, dass die Völker über den Winter gestorben waren. "Da war mir klar: Ich kann meine Bienen nicht an Menschen weitergeben, bei denen ich mir nicht sicher bin, dass sie über eine gute Ausbildung verfügen und sich mit Bienen auskennen. Weil die laufenden Kurse offensichtlich nicht das erfüllen, was man braucht, um die Bienen gut über den Winter zu bringen, habe ich meinen zwei Kolleginnen vorgeschlagen, Kurse anzubieten."
Tipps für Hobbyimker
Imkern ist kein Hobby wie Seilspringen oder Häkeln. Es ist mit großem Zeitaufwand verbunden und erfordert Flexibilität, da jedes Bienenvolk seine Eigendynamik hat. Für die benötigte Ausstattung benötigt man reichlich Kleingeld sowie entsprechenden Stauraum für das Imkerzubehör. Auch sollte man sich überlegen, wo der Honig künftig geerntet – also geschleudert – wird. In der kleinen Küche einer Mietwohnung ist das eher nicht anzuraten. Verantwortungsbewusstsein ist das Um und Auf: "Wenn ich ein Tier habe, muss ich es richtig behandeln und darauf achten, dass es gesund ist. Gerade bei Bienen ist es so, dass die Völker untereinander kommunizieren und zum Teil auch Krankheiten austauschen. Da ist es in der Imkergemeinschaft umso wichtiger, dass man das Bildungsniveau entsprechend hoch hält", meint Ernst Hüttel.
Der Besuch eines Grundkurses wird Anfängern daher dringend ans Herz gelegt. Auf diese Weise hat man die Möglichkeit, frühzeitig herauszufinden, ob einem die Arbeit mit den Bienen überhaupt Spaß macht und ob man darin Geld und Zeit investieren will. Nicht zu unterschätzen ist darüber hinaus das Gewicht, einzelne Honigräume können schon mal bis zu 30 Kilo schwer werden. Doch auch hier gibt es einige Tricks oder Geräte, die einem die Arbeit im wahrsten Sinne des Wortes erleichtern können.

Imkern erfordert auch ein wenig Muskelkraft, ein Honigraum (eine "Zarge") kann ungefähr 30 Kilo wiegen.
- © Liliane-Sarah KölblDie Bereitschaft zur Weiterbildung sollte auch vorhanden sein, da sich die Imkerbranche ständig weiterentwickelt. Vor den 80er Jahren war die Varroa-Milbe zum Beispiel noch kein Thema. "Jetzt ist es gerade so, dass wir fast 30 bis 40 Prozent unserer Arbeitszeit dieser blöden Milbe widmen müssen", erwähnt Marian Aschenbrenner.
Des Weiteren ist eine Vereinsmitgliedschaft von großem Vorteil. Der Landesverband für Bienenzucht (dem die Wiener Imkerschule angehört) versteht sich als Dachverband der Wiener Imkervereine – in Wien gibt es davon insgesamt acht Stück. Bei den regelmäßigen Vereinstreffen kann man sich austauschen und sein Wissen auf den neuesten Stand bringen. Als Anfänger gibt es zudem die Möglichkeit, seine Bienenstöcke für einen gewissen Zeitrahmen auf dem Vereinsbienenstand zu platzieren. Ein erfahrener "Imkerpate" begleitet den Imkerneuling fortan über das gesamte Bienenjahr hinweg, schaut ihm bei der Arbeit über die Schulter und hilft bei Problemen.
Frischer Wind in der Imkerbranche
In der Imkerszene hat sich in den letzten Jahren einiges verändert. Zum Beispiel merke man, dass Imker in der Kommunikation viel offener geworden sind und ganz anders seien als diese "verschworenen Altherrenzirkel". Man tausche sich nun auch über negative Erfahrungen aus, beschreibt Ernst Hüttel. Dies wird auch in der Lehre aktiv angestrebt. Christian Trattner erklärt, dass die Teilnehmer während der zehn Module mit unterschiedlichsten Referenten in Kontakt gebracht werden: "Sie sollen eine breite Meinung darüber hören, wo man in der Praxis positive oder negative Erfahrungen gemacht hat."
Zudem hat sich die Imkerei einer sprichwörtlichen Verjüngungskur unterzogen, das sieht man auch daran, dass immer mehr junge Leute auf den Schulbänken sitzen. Dass sich das Interesse in den letzten Jahren schwerpunktmäßig auf jüngere Leute verlagert, ist ein Aspekt, der nicht nur in der Imkerschule mit Freude beobachtet wird und zukünftig verstärkt gefördert werden soll. Kinderführungen sind sowohl im Donaupark als auch im Bienenlerngarten möglich und entfachen das Interesse der Jüngsten.
Das Imkern hat sein verstaubtes Image längst abgelegt: Wurde der Beruf früher als schrullig wahrgenommen und vor allem mit alten Personen assoziiert, stehe man laut Marian Aschenbrenner seit dem Thema Bienensterben als Imker im Mittelpunkt der Gesellschaft. "Es ist ein Beruf, der gesellschaftlich viel Ansehen bekommen hat. Heutzutage wird man quasi wie ein Botschafter für Insekten und Bienen wahrgenommen."