Hainburg an der Donau ist ein aus Wiener Sicht bislang kaum wahrgenommener Weinort. Während sich in dem östlich von Wien gelegenen Weinbaugebiet Carnuntum in den vergangenen Jahrzehnten vor allem Winzer aus Göttlesbrunn, Höflein sowie Arbesthal und in jüngerer Zeit auch aus Prellenkirchen und Stixneusiedl überregional einen Namen machen konnten, waren die Hainburger Erzeuger nur lokal als Inhaber von Buschenschanken bekannt.
Eine junge studierte Önologin aus Hainburg an der Donau tanzt dort neuerdings gehörig aus der Reihe. Nach Absolvierung der Vino-Hak in Neusiedl am See hatte sie bereits im Alter von 19 Jahren den in dritter Generation geführten Familienbetrieb übernommen. Trotz des formalen Übergabeaktes hatte sie in weiterer Folge noch Zeit für Bildung. Während des nun folgenden Önologiestudiums an der Universität für Bodenkultur Wien und des daran anschließenden Weinmarketing-Fachhochschulstudiums in Eisenstadt war sie im Familienweingut und in der hauseigenen Buschenschank oft mit von der Partie. Nachdem sie bereits während ihrer Schulzeit ein Praktikum im renommierten Golser Weingut Gernot und Heike Heinrich absolviert hatte, folgten drei Praktika in Südafrika, wo sie in vielerlei Hinsicht, etwa bezüglich ihrer maischevergorenen Weißweine, Anregungen erhielt.

Im Keller versteht sich Michaela Riedmüller auf behutsame Ausbauweise. Die Weine werden spontan vergoren, der Stil ist puristisch und herkunftsbetont.
- © Weingut Michaela Riedmüller, Christina LeurerEs soll in diesem Beitrag aber um die beeindruckenden Blaufränkischen der jungen Hainburger Önologin gehen. Sie gedeihen auf den Abhängen des Braunsbergs bei Hainburg und des Spitzerbergs bei Prellenkirchen. Während etliche Betriebe aus anderen Carnuntiner Orten im vergangenen Jahrzehnt schon überregional mit sehr guten Blaufränkischen vom Spitzerberg von sich reden machten, hat man von Weinen dieser Sorte vom Braunsberg in der Vergangenheit noch nichts gehört. Seit etlichen Jahren ist nun Michaela Riedmüller drauf und dran, das Blaufränkisch-Potenzial dieses Berges aufzuzeigen.
Sowohl auf dem Braunsberg als auch in der Subriede Holzweingarten des Spitzerbergs sind Riedmüllers Weingärten südöstlich exponiert. Auf dem Braunsberg, von wo aus ein herrlicher Ausblick auf Pressburg und die umliegende Landschaft möglich ist, befindet sich heute die Rekonstruktion eines kleinen Teils der einst mächtigen Keltenburg. Die Weingärten an seinen Hängen sind im Oberboden sandig mit stärkerem Lössanteil und in tieferen Schichten aus Gneis und Schiefer bestehend, das Kleinklima ist dort von der nahen Donau mitgeprägt. Michaela Riedmüllers Premiumweine vom Braunsberg zeichnen sich durch hohe Sorten- und Gebietstypizität aus, ihre Machart ist elegant-filigran und sie sind von guter Struktur sowie bemerkenswertem Tiefgang geprägt. Das Etikett ziert eine Abbildung der auf dem Braunsberg vorkommenden "Hainburger Federnelke". Zum Ausdruck gebracht werden soll damit einerseits das Bekenntnis der Winzerin zum Herkunftscharakter der Weine und zudem ihr Lebensmotto, demzufolge man sich das Leben nicht unnötig schwer machen solle. In diesem Sinne symbolisiere die am trockenem Standort gedeihende federleichte Pflanze eine von Leichtigkeit geprägte positive Lebenseinstellung. Wie ich mich überzeugen konnte, wird auch der sublim-feinmaschige, zuweilen geradezu Pinot-artige Charakter der Braunsberg-Blaufränkischen gut von diesem Etikettensujet widergespiegelt.
In der Subriede Holzweingarten des Spitzerbergs stehen die Blaufränkisch-Reben auf sandigem und kalkreichem Boden, der für die Sorte ebenfalls hervorragende Anbaubedingungen bietet. Im Gegensatz zu den Formaten vom Braunsberg, die auf Rezipientenseite eine gewisse Kennerschaft und ein Sortenverständnis voraussetzen, sind Riedmüllers – ebenso vorzügliche – Weine vom Spitzerberg abgerundeter und von Anfang an viel zugänglicher. Auf dem Etikett dieser Gewächse findet sich ebenfalls ein Pflanzensujet, und zwar jenes der in diesem Bereich vorkommenden Kuhschelle.
Das Weingut befindet sich derzeit in Umstellung auf biologische Wirtschaftsweise. Zu der von der Winzerin gelebten betrieblichen Nachhaltigkeit zählen sanfter Rebschnitt, Kompostausbringung, Minimalschwefelung und Verzicht auf Maischeschwefelung. Die Weine werden allesamt spontan (ohne Einsatz von Reinzuchthefen) vergoren.
AUS DEM SORTIMENT:
2016 Blaufränkisch Ried Braunsberg (14 Vol. % Alk., 29 Euro)
Brombeere und Heidelbeere im Bouquet, erdig, kühlfruchtig, saftig und feinstrukturiert, vitaler Säurebogen, ausbalanciert, feinmaschig, Pinot-artige Anmutung, salzig, bringt die kleinen Dinge zum Swingen, vergnüglich, stimmiger kühlfruchtiger Abgang.
2019 Blaufränkisch Ried Braunsberg (13,5 Vol. % Alk., 29 Euro)
Rotbeerig, etwas rauchig, am Gaumen setzt sich die von einem Hauch Vanille unterlegte Rotbeerigkeit fort, vollmundig, zupackend und griffig, saftig, sortentypische Säurestruktur, erfrischender Charakter, guter Grip, sehr guter Trinkfluss, salziger Abgang mit einiger Länge.
2020 Blaufränkisch Ried Braunsberg (13,5 Vol. % Alk., 29 Euro)
Beginnt nach dem Öffnen der Flasche mit einem Reduktionston, der eine Belüftung erforderlich macht, im Bouquet sind dezente elegante Fruchtaromen wahrnehmbar, auch Veilchenduft tritt hinzu, erdig und würzig, geradlinig und puristisch, ausgesprochen saftig, sehr gute Struktur, elegant vollmundig, reichlicher Tiefgang, zieht gut durch, gerne möchte man dem subtilen Charakter dieses Gewächses auf die Spur kommen, ordentlicher Abgang, hohes Lagerpotenzial.
2017 Blaufränkisch Ried Spitzerberg (13,5 Vol. % Alk., 26 Euro)
Fruchtbetonte Nase, hintennach Veilchenanklänge, im Geschmacksbild kirschfruchtige Akzente, abgerundeter Charakter, salzig und dicht, vorzüglich durch das Säurespiel gestützt.
2019 Blaufränkisch Ried Spitzerberg-Holzweingarten (13,5 Vol. % Alk., 26 Euro)
Dezente feine Nase nach Heidelbeeren, im Geschmacksbild Weichselfrucht, gefolgt von einem Pfefferl, quicklebendig, tanninbetont, vitaler Abgang.
INFO
Weingut Michaela Riedmüller
2410 Hainburg an der Donau, Klosterplatz 4, T. 0699/1501 6910
An rund 100 Tagen im Jahr ist die Buschenschank geöffnet, wo sämtliche Weine auch glasweise erhältlich sind.
Print-Artikel erschienen am 24. März 2023
In: "Wiener Zeitung", Beilage "Wiener Journal", S. 22–23