Variatio delectat (Abwechslung macht Freude). Diesem Motto gemäß schreite ich die Kellerstufen hinab, um für das Mittagessen eine flüssige Kochzutat aufzutreiben. Statt "Äpfel im Schlafrock" stehen heute "Äpfel im Weinteig" auf dem Speisezettel. Anstelle der Milch soll ein edler Rebensaft mit dem Mehl zum Teig vermählt werden.

Äpfel und Bananen im Weinteig im Test mit Franz Proidls Süßwein-Kreszenzen. - © Johann Werfring
Äpfel und Bananen im Weinteig im Test mit Franz Proidls Süßwein-Kreszenzen. - © Johann Werfring

Der Wein erfüllt hier vor allem den Zweck, das Gericht zu vitalisieren. Allenfalls wird er auch noch ein paar angenehme Aromen einbringen, die von feinfühligen Genießern zu verspüren sein werden. Bei der Auswahl des Kochweins ist zu berücksichtigen, dass dessen Geschmack nicht aufdringlich ist, damit er nicht die Aromen der Äpfel überwölbe. Mithin greife ich zu einem klassisch ausgebauten Grünen Veltliner. Der Grüne Veltliner in seiner klassischen Form ist ja als Zutat in der Küche geradezu ein Universalist.

- © Johann Werfring
© Johann Werfring

Die Wahl fällt auf den 2011er "Grünen Veltliner Senftenberger Freiheit" vom Weingut Franz Proidl aus Senftenberg im Kremstal (5,40 Euro). Dem Winzer ist mit diesem frisch-fruchtigen Tröpfchen ein idealer Klassiker gelungen. Trinkvergügen pur! "Er rinnt hinunter ohne zu schlucken", wie die Alten so schön zu sagen pflegten. Mit 12 Prozent Alkohol ist dieser Veltliner ein leicht zu trinkender Wein, der aber trotzdem einiges Potenzial hat. Freilich würde die Speise auch mit einem einfacheren Format nicht übel geraten. Aber mit diesem Tröpfchen wird’s umso feiner. Und ganz nebenbei: Bekanntlich hebt ja ein Schluck vom Kochwein die Stimmung.

- © Johann Werfring
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Bei der Wahl der Äpfel kann durchaus auf die üblichen "Schlafrock"-Sorten zurückgegriffen werden, etwa auf Boskop. Ich selbst verwende zum Kochen und Backen sehr gerne die wunderbaren Krummstiel-Äpfel (eine alte Sorte). Weil in der Küche auch noch ein paar Bananen vorrätig sind, entschließe ich mich, auch von ihnen etliche Stücke im Weinteig zu wälzen.

Eine alte, bis heute kolportierte Regel lautet: "Der Wein, den man zum Kochen verwendet, soll auch die Speisebegleitung sein". Diese Regel hat sich schon oft genug als falsch erwiesen. Im Falle der gebackenen Früchte ist es einleuchtend, dass der trockene Wein mit der Süßspeise nicht harmonieren würde. Es wird sich auch später noch eine Gelegenheit bieten, den Rest zu genießen.

Im Kühlschrank lagern bereits zwei Süßweine, die zu den gebackenen Früchten versuchsweise aufgetischt werden. Wiederum handelt es sich um Kreszenzen von Franz Proidl, der zu den talentiertesten Weinmachern des Landes gezählt werden darf. Es lohnt sich dem Weingut einen Besuch abzustatten und bei dieser Gelegenheit auch gleich die Proidlschen Weinbergslagen im steilen Gelände unterhalb der Burgruine Senftenberg in Augenschein zu nehmen.

Zuerst probiere ich die 2009er "Riesling vom Urgestein Senftenberger Ehrenfels Beerenauslese" (160 Gramm Restzucker / 12,5 Promille Säure). Sowohl zum gebackenen Apfel als auch zur gebackenen Banane bietet dieser herrliche und ausgewogene Riesling eine stimmige Begleitung. In wahrlich traumhafter Weise bringt er nach jedem Bissen und Schluck eine Geschmackexplosion der grazilen Art hervor: Exotische Früchte wie Hawai-Ananas und Maracuja, unterlegt mit einem Hauch von Blütenhonig, verbinden sich belebend mit nobler Rieslingfrucht. Der Wein ist weder überladen noch dünn und lässt keinerlei Wünsche offen, hintennach sorgt die gute Struktur und Substanz für Vergnügen.

Versuchskandidatin Nr. 2 ist die 2010er Riesling-Auslese "Proidl spricht Deutsch" (145 Gramm Restzucker / 16,5 Promille Säure). Rasch zeigt sich, dass der säurebetonte 2010er Riesling mit dem gebackenen Apfel nicht harmonieren mag, weil die Apfelsäure des Weins und die Säure des Apfels eine unstimmige Kombination ergeben. Nun greife ich aber zu einer List: Ich bestreue den gebackenen Apfel mit Zimt, und schon nimmt die Sache eine Wendung zum Besseren. Die Banane schließlich, die bei weitem weniger Apfelsäure hat, ist von vornherein eher geneigt, sich mit dem "Proidl spricht Deutsch" zu vertragen.

Fazit: Die Riesling Beerenauslese Ehrenfels ist jedenfalls die ideale Wahl. Säureempfindliche Mägen sollten den "Proidl spricht Deutsch" lieber meiden. Wer aber säurebetonte Rieslinge mag, wird auch mit ihm eine Freude haben. Vielleicht sollten in diesem Fall aber mehr Bananen als Äpfel gebacken werden...

REZEPT:

FRÜCHTE IM WEINTEIG (für 4 Personen):

Zutaten für den Weinteig: 250 g Weizenmehl (Type 405), 300 ml trockener Grüner Veltliner (klassisch), 3 Eier, 2 EL Zucker, 1 Prise Salz

Weitere Zutaten: Speiseöl zum Herausbacken, Äpfel, in Scheiben geschnitten, Bananen, halbiert und in Stücke geschnitten, Staubzucker, eventuell Zimt

Zubereitung: Weinteig-Zutaten in einen Schlagkessel geben und auf höchster Stufe zu einem glatten Teig (ohne Klumpen) schlagen.

In einer beschichteten Pfanne Öl erhitzen. Die Früchte in den Teig eintunken, etwas absickern lassen und ins heiße Fett geben. Mehrfach wenden und auf beiden Seiten etwas Farbe nehmen lassen. Auf Servietten legen und abtropfen lassen.

Herausgebackene Früchte auf Tellern anrichten und mit Staubzucker bestreuen. Je nach Geschmack können die Früchte (insbesondere die Äpfel) auch mit wenig Zimt bestreut werden.

Weinempfehlung: Riesling Beerenauslese vom Urgestein Senftenberger Ehrenfels 2009, Weingut Proidl, Senftenberg

Print-Artikel erschienen am 6. April 2012
in der Kolumne "Werfrings Weinjournal"
In: "Wiener Zeitung", Beilage "Wiener Journal", S. 36
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