Minen-Manager Nigel Tamlyn führt zur Grube, ein riesiges Loch in der Erde: 800 Meter Durchmesser, Tiefe 200 Meter. Der 65 Tonnen schwere Caterpillar, der gerade am Boden der Grube betankt wird, wirkt von oben wie ein Kinderspielzeug. Eine nicht enden wollende Prozession Muldenkipper bewegt sich Richtung Goldgewinnungsanlage. 10.000 Tonnen kommen täglich in den Raffinerieprozess, dort werden mit Hilfe von hochgiftigem Zyanid 22,5 Kilo Gold gewonnen. Der Riesenaufwand lohnt sich: 22,5 Kilo Inbegriff von Geld, Reichtum und Macht. "Gold ist hochkonzentrierter Wert. Das Edelmetall hat – anders als Platin – wenige Verwendungsmöglichkeiten, aber die Frauen schätzen das glänzende Metall", so Tamlyn. Ghana ist nach Südafrika der zweitgrößte Goldproduzent in Afrika und der zehntgrößte weltweit. Laut der ghanaischen Minerals Commission konnte die Goldproduktion 2012 zum Vorjahr um stolze 17 Prozent gesteigert werden. Der hohe Goldpreis – 2012 im Durchschnitt bei 1668 US-Dollar pro Unze – hat die Minenunternehmen angespornt, so viel Gold wie in keinem Jahr zuvor zu fördern.

Ob Minen-Manager Tamlyn selbst ein "goldenes Händchen" hat? Er zeigt seine Hände – kein Goldring ziert den Ringfinger. "Glücklicherweise schätzen die Menschen Gold als soliden Wertträger. Sonst hätte ich hier nichts zu tun", sagt er. Aktuell befindet sich der Goldpreis im Abwärtsstrudel und hält bei 1400 US-Dollar je Unze. Eine neue Entwicklung, denn seit dem Jahr 2000 stieg der Goldkurs unaufhörlich und kratze zeitweise an der 2000 US-Dollar-Marke. Nach einigen goldenen Jahren scheint das Edelmetall in den Augen professioneller Anleger an Strahlkraft zu verlieren.

Das Gold zieht auch Glücksritter an, die auf eigene Faust schürfen. - © Thomas Seifert
Das Gold zieht auch Glücksritter an, die auf eigene Faust schürfen. - © Thomas Seifert

Segen oder Fluch?

Im Wassa West Distrikt, im dichten Regenwald Westghanas, schreitet man buchstäblich auf Gold. Die Region weist die höchste Minendichte auf dem afrikanischen Kontinent auf, aber der Glanz des Goldes ist hier schon längst verblasst. In zerschlissenen Hosen und mit viel zu großen Gummistiefeln sitzt James Sarpong auf einem Holzschemel vor seiner Lehmhütte. Hinter den nahen Bäumen türmen sich die Abraumhalden einer Goldmine des südafrikanischen Minenkonzerns Anglo Gold Ashanti. Das Geröll um seinen Hof schiebt sich langsam an sein Anwesen heran – ein paar Meter jeden Tag. Viel ist von seinen drei Hektaren nicht mehr übrig. "Meine Familie ist vor drei Jahren hier weg, niemand kann auf Dauer so leben", sagt der 63-Jährige. Die kleine Insel aus Ölpalmen, Kassava und Yams inmitten einer Goldmine wirkt verloren. Das Umgraben der Landschaft für den Tagbau hat die alten Flussläufe zerstört, überall steht knöcheltief Wasser. Dass er seine Familie nicht unterstützen kann, trifft den stolzen Vater von fünf Kindern schwer: "Ich habe kein Geld, weil meine Farm zerstört wurde." Für Anglo Gold Ashanti ist Sarpong nichts weiter als ein Unruhestifter. Der störrische alte Bauer blockiert die weitere Ausdehnung der Iduapriem-Goldmine. "Meine Sorge ist mein Grund und Boden, meine Zukunft", so Sarpong. Er wolle eine angemessene Entschädigung für den Verlust seines Lands und prozessiert zusammen mit vielen anderen gegen die Minenbetreiber. "Die Summe, die sie mir angeboten haben, wäre binnen ein paar Monaten verbraucht gewesen." So billig wollte er sein Land nicht hergeben. Land in Ghana ist meist in gemeinschaftlichem Besitz. Dorf-Chiefs verwalten es als Treuhänder. Dieses System hat sich über Jahrhunderte für die Bauern sehr gut bewährt, aber die Minenunternehmen machen sich diese Situation und die ghanaische Gesetzeslage diesbezüglich zunutze.