Das Handwerks des Münzprägens wird im Welschen Hof anschaulich vorgeführt. - © Harald Sager
Das Handwerks des Münzprägens wird im Welschen Hof anschaulich vorgeführt. - © Harald Sager

Böhmens Monte Carlo...

Die Bergbausiedlung entwickelte sich nach und nach zu einer Stadt, und nicht nur das: "Kutná Hora wurde zum ,Monte Carlo’ des Mittelalters", erzählt Anna Turdikova, "mit endlos vielen Kneipen, Gasthäusern und Vergnügungsstätten."  Nach ihrem harten Tagwerk im dunklen Reich brauchten die Bergleute Abwechslung. Samstagnachmittag gab es Lohn, bis Sonntagabend war meist alles wieder verjuxt.

Für die Minenbetreiber trifft die Bezeichnung "Monte Carlo" schon eher zu, ihnen brachte das Silber Wohlstand, ja Reichtum. Sie – und nicht etwa die Kirche – beschlossen, eine Kathedrale zu Ehren der Heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute, zu errichten. Im Jahr 1388 wurde mit dem Bau begonnen, federführend war Peter Parler der Jüngere, Sohn des Baumeisters des Prager Veitsdoms. Es sollte die größte Kirche ganz Böhmens werden, ursprüngliche Pläne sahen einen annähernd doppelt so großen Umfang vor. Daraus wurde nichts, denn da kamen zunächst die Hussitenkriege im frühen 15. Jahrhundert dazwischen, gefolgt von Geldmangel, protestantischen Neigungen im 16. Jahrhundert sowie zuletzt dem Bedeutungsverlust der Stadt – die endgültige Fertigstellung erfolgte erst im Jahr 1905. Trotzdem ist die im Stil der französischen Gotik gehaltene St. Barbara mit ihren drei Zeltdächern und den vielen kleinen Außentürmchen beeindruckend genug ausgefallen und wird nicht umsonst von diversen Fremdenführern als das bemerkenswerteste kirchliche Bauwerk Tschechiens bezeichnet.

... und Schatzkammer

In seiner besten Zeit, dem 14. und 15. Jahrhundert, hatte Kutná Hora bis zu 50.000 Einwohner und war zeitweilig die zweitgrößte Stadt Böhmens, nach Prag, das drei Tagesritte entfernt lag. Ja, als Schatzkammer des Königreichs im buchstäblichen Sinne war sie sogar als Hauptstadt im Gespräch. Die Vielzahl an gotischen Bauten – die erwähnten Kirchen, die ehemalige Festung, der Welsche Hof, der "Steinerne Brunnen" in der Altstadt sowie etliche Bürgershäuser zeugen vom Wohlstand, der zu jener Zeit hier herrschte.

Für die Pøemysliden und die nachfolgenden Könige des 13. bis 15. Jahrhunderts wurde das im Lande geförderte Silber – das zu 90 Prozent aus Kutná Hora kam – zur wichtigsten Einnahmequelle und Grundlage ihrer Macht. Das wiederum erlaubte ihnen – die ja auch Kurfürsten waren –, auch in der Reichspolitik kräftig mitzumischen.

Wobei sie gar nicht so sehr an den Erlösen der Minenbetreiber mitnaschten: Die Steuer betrug lediglich ein Achtel. Trotzdem ließ der Pøemyslide Wenzel II. Anfang des 14. Jahrhunderts das Regelwerk "Ius regale montanorum" ausarbeiten, das zu einem Vorbild für einschlägige Gesetze nicht nur in Böhmen wurde und in Teilen bis ins 19. Jahrhundert hinein gültig blieb.