Das große Geld kam für ihn und seine Nachfolger aber mit der Münzstätte "Welscher Hof" (so benannt nach den aus Florenz stammenden ersten Münzprägern), die er hier einrichten ließ. "Der Welsche Hof ersetzte die bisherigen 17 Münzhäuser Böhmens, er war gewissermaßen die Zentralbank der damaligen Zeit", erklärt die Führerin. Der Prägeort lag den böhmischen Königen so sehr am Herzen, dass einer von ihnen, nämlich der Luxemburger Wenzel IV., seine Residenz just dorthin verlegte.

Prager Groschen aus Kutná Hora

Ab dem Jahr 1300 wurde am Welschen Hof der mit Krone und Namen des Königs versehene "grossi pragenses" geprägt, der zur offiziellen böhmischen Währung wurde. Der Prager Groschen, der ja in Wirklichkeit in Kutná Hora produziert wurde, war auch im Ausland als Zahlungsmittel verbreitet: Böhmen war schließlich Teil des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation.

Die Qualität wurde mit bis zu 95 Prozent Silberanteil (der Rest Kupfer) festgelegt. Auf Währungsstabilität als wesentlicher Faktor eines geordneten Wirtschaftswesens wurde, wie man sieht, schon damals geachtet. Aber auch das Phänomen der schleichenden Geldentwertung kannte man schon: Wog die Münze im Jahr 1300 noch 3,6 Gramm Feinsilber, so hatte sich ihr Wert ein Jahrhundert später halbiert und lag 1547, im Jahr ihrer Einstellung, nur noch bei 0,8 Gramm.

Und doch war es, verglichen mit den Verhältnissen, wie wir sie heute kennen, ein Kaufkraftverlust im Kriechgang: So kostete im 14. Jahrhundert ein Huhn einen halben, im 16. Jahrhundert dann zwei Groschen. Wobei "Groschen", auf die Blütezeit des Prager Groschens bezogen, vielleicht ein etwas irreführender Begriff ist: Ein Präger musste 300 Münzen pro Tag schlagen und bekam dafür 20 Groschen. Ein ganzes Schwein kostete 22 Groschen, in zwei Tagen konnte er sich eine Kuh, innerhalb einer Woche ein Pferd leisten. Da konnten die Bergleute nicht mithalten, sie erhielten nur 6 Groschen in der Woche.

Mitte des 16. Jahrhunderts wurde der Prager Groschen, nachdem er gut 500 Millionen Mal geprägt worden war, vom Joachimsthaler, dem Guldengroschen aus Sankt Joachimsthal (Jáchymov), abgelöst. Dort war man ebenfalls auf große Silbervorkommen gestoßen, und nun war eben die Stadt im böhmischen Erzgebirge an der Reihe, zu Wohlstand zu kommen. Die Münze machte übrigens, zumindest als wandlungsfähiger Name, noch große Karriere: Als Taler gelangte sie ins habsburgische Spanien und in die südamerikanischen Kolonien und von dort, dann schon als Dollar, bis in die Vereinigten Staaten.

Die Mine in Kutná Hora ihrerseits wurde Mitte des 17. Jahrhunderts stillgelegt: In den letzten Jahrzehnten hatte man immer tiefer graben müssen, um Silbererz in immer geringeren Mengen zu bergen, und war zunehmend auf Grundwasser gestoßen. Trotzdem konnte sich die Bilanz sehen lassen: Insgesamt wurden in rund 400 Jahren 2500 Tonnen Silber oder "støíbra", wie es auf Tschechisch heißt, gewonnen. Die Münzprägeanstalt bestand bis 1724 vor Ort, danach war das Thema vom Tisch. Endgültig? Nicht ganz: Vom touristischen Standpunkt ist der Ort heute durchaus wieder eine Silbermine.

Artikel erschienen am 7. Juni 2013 in: "Wiener Zeitung", Beilage "Wiener Journal"