- - © Sterni
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Freilich soll zur Gans auf keinen Fall der Gänsewein im klassischen Sinne kredenzt werden. Denn als solcher wird ja von alters her das Wasser bezeichnet. Wenngleich im Falle des weihnachtlichen Gänseschmausens auch reichlich Trinkwasser bereitgestellt werden sollte. Dieses ist ja stets ein guter Durstlöscher, während der Rebensaft in erster Linie als edler Gaumenkitzel dienen sollte. Apropos Durstlöscher: Selbstverständlich wären zur Weihnachtsgans auch allerlei Biere die richtige Wahl, aber davon soll freilich in einer Weinkolumne nicht die Rede sein.

Prinzipiell kann die Gans sowohl von Weiß- als auch von Rotwein begleitet werden. Wer mutig genug ist, kann es auch einmal mit Roséwein (der aber jedenfalls gehaltvoll sein sollte) versuchen. Auf alle Fälle plädiere ich dafür, zu Weihnachten etwas wirklich Edles oder zumindest Gehobenes aufzutischen.

Zelebriert man das Weihnachtsessen in einer Runde, in welcher mehrere Weinfreunde mit von der Partie sind, so stelle man am besten Weiß und Rot bereit. Um die Stimmung zu heben, am besten schon vor dem Essen mit dem Ausschank beginnen. Bei Einladungen im erweiterten Familienkreis ist es nützlich zuvor sicherzustellen, ob auch wirklich geeignete Weingläser vorhanden sind, damit die allenthalben mitgebrachte Kreszenz in geeigneter Weise genossen werden kann. Freilich bedarf es dazu einiger Diplomatie, um die Gastgeber nicht etwa vor den Kopf zu stoßen. Im Notfall einfach als Zusatzgeschenk ein Set Gläser mitbringen und deren sofortige Erprobung charmant begründen.

Für Unkundige ist es sicher nicht einfach, den passenden Wein zur Weihnachtsgans ausfindig zu machen. Wirft man einen Blick in diverse am Buchmarkt erhältliche Ratgeber oder sucht man kurzerhand im Internet nach, so werden die unterschiedlichsten Empfehlungen gegeben. Von diversen Weißweinen über junge Rotweine und zarte Burgunder bis hin zu gehaltvollen roten Tröpfchen werden alle möglichen Stile offeriert.

Sehr häufig begegnet man der Auffassung, man solle mit der fetten Gans am besten kräftige, tanninreiche Rotweine kombinieren. Ich selbst kann mich mit dieser Anschauung nur bedingt anfreunden. Ein Barolo etwa kann durchaus die richtige Wahl sein. Freilich ist Barolo nicht Barolo. Da gibt es von Erzeuger zu Erzeuger schon recht beträchtliche Unterschiede. Während die einen ihre ohnedies schon gewichtigen Supertröpfchen in neuen Barriques zu heftigen Schwergewichten erziehen, bevorzugen andere die puristische Ausrichtung mit Ausbau in großen Holzfässern. Beispielsweise das Weingut Cavallotto, dessen Kreszenzen auch in Österreich ganz unkompliziert zu besorgen sind, etwa bei Wein & Co. Die Linie des im 50-Euro-Bereich angesiedelten Barolo Bricco Boschis von Cavallotto ist stets muskulös und spannungsgeladen, zugleich aber subtil und feingliedrig. Für mein Empfinden wäre das eine ausgezeichnete Empfehlung. Nachdem die Gans ohnedies schon "gewichtig" genug ist, sollte der Wein zwar von seiner Kraft her mithalten können, jedoch den Organismus insgesamt nicht überfordern.

Große Rotweincuvées

Freilich hat mich die Erfahrung gelehrt, dass es Genießer gibt, die etwas mehr an Opulenz vertragen und auch in größeren Quantitäten zu genießen imstande sind. In solchen Fällen ist ein üppiger Brunello, ein entsprechender Bordeaux oder ein kräftiges Format aus der Neuen Welt, etwa ein Shiraz, die richtige Wahl. Oder aber ein Weißwein mit beherztem Holzeinsatz.

Sitzen einander an der festlichen Tafel Weingenießer mit unterschiedlichen Vorlieben gegenüber, so kann es hilfreich sein, auf "große" Rotweincuvées von renommierten österreichischen Erzeugern à la Steinzeiler von Kollwentz, Comondor von Hans Nittnaus, Rosenberg von Gerhard Markowitsch oder Edel-Blaufränker à la Perwolff von Krutzler,  Reihburg von Uwe Schiefer oder Mariental von Ernst Triebaumer zurückzugreifen. Damit haben wohl die meisten eine Freude.

Übrigens: Wenn man sich schon so tolle Weine leistet, dann kommt es bei der Gans auch nicht mehr auf den Preis an. Am besten bei einem Anbieter von österreichischen Weidegänsen einkaufen (Info: www.weidegans.at).

Print-Artikel erschienen am 13. Dezember 2013
In: "Wiener Zeitung", Beilage "Wiener Journal", S. 34
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