Wo die Weinberge an die Donau rücken  …

…  dort erstreckt sich der mittlere Abschnitt der Wachau. Der historische Begriff "Thal Wachau" hat ja ursprünglich nur auf die Weinbauorte Weißenkirchen, Wösendorf und St. Michael Bezug genommen. Dabei gehören die ersten Rieden, nachdem die Donau scharf nach Südwesten kurvt, noch zur Gemeinde Dürnstein und tragen so klangvolle Namen wie Liebenberg und Kaiserberg, die auch immer öfter auf den Weinetiketten aufscheinen. Eine markante, weithin sichtbare Lage ist auch der Buschenberg mit der gerühmten Subriede Zwerithaler.

Dann drängen die Weinberge hart an die Donau heran und formieren mit der extrem steilen Terrassenlage Klaus, die bereits 1386 erstmals urkundlich erwähnt wurde, wohl die spektakulärste Ried der Wachau überhaupt. Die Gneis-Schiefer-Verwitterungsböden ergeben im Verein mit dem speziellen Kleinklima Jahr für Jahr besonders mineralische und finessenreiche Grüne und Rieslinge, die bereits in den 1950er Jahren durch den Pionier Josef Jamek österreichweit bekannt wurden. Im Westen wird die Riede Klaus von der ebenso beachtlichen Ried Achleiten nahezu umschlossen, die zum Teil vom schwarzen Vulkangestein des Amphibolit geprägt wird, aber auch keineswegs homogen ist, weil pH-neutrale Böden mit sauren und alkalischen wechseln. Die hier gedeihenden Weine sind etwas wuchtiger, aber ebenso mineralisch wie jene der Klaus und eigentlich unverwechselbar. Die Achleiten drückt den Weinen einen Stempel auf, wie dies im Osten vielleicht die Lagen Steinertal oder Schütt können oder im Westen der Singerriedel.

Noch nicht so bekannt sind Rieden wie Vorderseiber, der sehr kräftige Weine ergeben kann, oder Steinriegl, dessen Kalkgehalt für Rieslinge mit ganz speziellem Fruchtcharme sorgt. Hinter den idyllischen Weinbaudörfern Joching und Wösendorf erstrecken sich ebenfalls sehr interessante Rieden, zu denen beispielsweise Pichlpoint, Kollmitz, Bach, Kollmütz und Hochrain zu zählen sind. Auch hier ist der Charakter durchaus unterschiedlich und pendelt zwischen größeren Lössauflagen und reinen Urgesteins-Verwitterungsböden, die stets für die etwas eleganteren, nervigeren Weine stehen. Die großen Lagen von Spitz und des Spitzer Grabens sowie die Weinberge am rechten Donauufer werden kommende Woche im zweiten Teil dieses Wachau-Streifzuges porträtiert.

Print-Artikel erschienen am 11. Dezember 2015
In: "Wiener Zeitung", Beilage "Wiener Journal", S. 36–37