"I dare say it's unfair in some ways and inaccurate in some details, but much of it is simply reporting what I have seen."  (Emma Larkin, "Burmese Days")

Elf andere Passagiere befinden sich mit mir im Flugzeug von Heho nach Bagan. Auf dieser typischen Touristenstrecke eine magere Ausbeute. Drei belegte Zimmer in meinem Boutiquehotel - meine Freundin und ich, und eine französische Familie in drei Generationen. Etwas ist faul im Staate Myanmar. Burma. Birma. Wie auch immer.

Ein paar Tage vor diesem Inlandsflug war ich in ein tiefes Loch gefallen. Kein psychologisches, sondern ein ganz reales. Das Kanalsystem, das zwar nicht direkt dem Abtransport von Schmutzwasser aus den Haushalten, sondern eher bloß dem des Regenwassers während der Regenzeit dient, dafür aber nicht minder schmutzig ist, liegt in Burma direkt unter dem Gehsteig. Besser gesagt: Es ist der Gehsteig.

Sonnenuntergang über den Pagoden von Bagan. - © Travnicek
Sonnenuntergang über den Pagoden von Bagan. - © Travnicek

Die steinernen Abdeckplatten über den Hohlräumen sind es, worauf die Fußgänger sich fortbewegen, wenn sie nachts nicht auf schlecht beleuchteten Straßen von Motorrädern oder Autos überfahren werden wollen. Manche dieser Abdeckplatten fehlen. Im Dunkeln, mit offener Google Maps App auf dem Handy, einen Kilometer von meinem Hotel entfernt, hatte ich einen Schritt auf den Gehsteig getan und noch einen nach vorne - und war auf einmal bis zu den Schultern in einem Loch verschwunden, Sandalen mit bloßen Zehen darin voran. Hätte ich mich nicht gleich hochstemmen und selbst aus der misslichen Lage befreien können, hätte ich wohl plötzlich sehr viel Zeit gehabt, über Burma nachzudenken.

Staaten im Bürgerkrieg zählen nicht zu meinen bevorzugten Ausflugszielen. Die drei Hotelnächte in der Ukraine, von denen zwei von Bombendrohungen gegen unseren Nächtigungsbetrieb gezeichnet waren, sind streng genommen in meiner Arbeitszeit passiert, aber wann arbeitet man als Schriftstellerin eigentlich nicht? Nach Burma hatte es mich privat verschlagen, eine meiner besten Freundinnen aus dem Studium arbeitet dort für eine NGO. Etwas, was man nicht unbedingt den Bamaren (der mit Abstand größten Volksgruppe Myanmars), die man auf seinem Weg durch das Land so kennen lernt, auf die Nase binden sollte.

NGOs haben kein gutes Ansehen in Burma, denn die NGOs helfen den Rohingya. Rohingya: ein Name, mit dem man hauptsächlich sunnitische Muslime aus der burmesischen Provinz Rakhine meint. Der Staat Myanmar erkennt 135 Bevölkerungsgruppen an, die Rohingya sind keine davon. Seit 1948 führt die burmesische Regierung immer wieder Militäroperationen gegen die Rohingya durch, die letzte große im Jahr 2017. Eine Mehrheit der burmesischen Bevölkerung befürwortet das gewaltvolle Vorgehen gegen die Minderheit.