14 Jahre nach der Vollendung des Südturmes ließ Kaiser Friedrich III. 1450 den Grundstein für den Nordturm des Stephansdomes legen, der dem bereits vollendeten "Zeigefinger Gottes" an Höhe und Eleganz um nichts nachstehen sollte.

Nach einer Überlieferung des Humanisten Johannes Cuspinian hatte der Kaiser höchstpersönlich Anteil an dessen Fundamentierung. Wie der Gelehrte berichtet, war 1450 wegen verfrühter Traubenreife der Wein derart sauer geraten, dass ihn niemand trinken wollte. Womöglich war dies mit Abstand der schlechteste Jahrgang in der Geschichte des heimischen Weinbaus gewesen! Schon bald begannen die Winzer, den als "Reifbeißer" bezeichneten Rebsaft auf die Straße zu schütten.

Als der Herrscher davon Kunde erhielt, verbot er bei Strafe, das ungenießbare Gesöff zu verschütten und befahl, den Wein auf den "Stephansfreithof" zu bringen, der damals noch das Gotteshaus umgab. Der Rebsaft sollte dazu dienen, den Kalk abzulöschen, um damit das Fundament des Nordturmes "recht zu bauen."

Damit sich das Fundament stabilisieren konnte, ließ man es hernach 14 Jahre ruhen. 1511 erreichte der Nordturm die gegenwärtige Höhe, jedoch sah man von einem Ausbau ab. Zwar behaupten Stadthistoriker heute, die bevorstehende Türkenbelagerung sei schuld gewesen, weil man das Geld eben für die Verstärkung der Stadtmauern habe aufwenden müssen. Wenn man aber den überlieferten Wiener G'schichteln trauen darf, hatte der Teufel nicht unwesentlichen Anteil an dem frühzeitigen Baustopp.

Wie auch immer: Wäre der Turm in die Höhe gewachsen, so hätte das Weinfundament mit Sicherheit gehalten. Im 17. und 19. Jahrhundert hatte es ja tatsächlich Pläne gegeben den Turm zu vollenden, aber sie wurden nie verwirklicht.