Wien. Im publik gewordenen Fall einer AHS-Lehrerin in Währing, der seit 2013 mehrfach die systematische Erniedrigung von Schülern vorgeworfen wird, sammelt die Wiener Bildungsdirektion (früher Stadtschulrat) bis Freitagnachmittag Stellungnahmen Betroffener. Eine Gruppe, in der auch Juristen vertreten sind, soll diese sichten und bei nicht anonym vorgebrachten Vorwürfen versuchen, sie zu verifizieren.
"Wir nehmen das Problem ernst, wir werden die Vorwürfe zügig überprüfen", hieß es am Mittwoch aus dem Büro von Bildungsdirektor Heinrich Himmer. Erste Stellungnahmen seien bereits mit Bekanntwerden der aktuellen Vorwürfe eingelangt.
Erste Vorwürfe bereits 2013
Die ersten Vorwürfe gegen die Pädagogin wurden in der Bildungsdirektion 2013 dokumentiert. Die betreffende Lehrerin musste deshalb in der Vergangenheit bereits verpflichtend an einer Schulung der Sozialkompetenz teilnehmen. Bereits 2017 hat die Volksanwaltschaft in diesem Fall ein Prüfverfahren eingeleitet.
Ergebnis war damals, dass die Behörde im Rahmen ihrer Möglichkeiten alle nötigen Maßnahmen gesetzt habe. Nach einer Beschwerde von Eltern hat die Volksanwaltschaft nun ein weiteres Verfahren eingeleitet. Eine ehemalige Schülerin jener Mathematiklehrerin hat bis heute mit dem Erlebten zu kämpfen. Die junge Frau befindet sich immer noch in psychotherapeutischer Behandlung. Zwei Jahre ging sie auf die Schule, ehe sie wegen der mutmaßlichen Erniedrigungen durch die Lehrerin die Einrichtung verließ. "Wir durften nicht auf die Toilette und mussten in der Ecke stehen", berichtete die junge Frau von der Stimmung im Klassenzimmer.
Vor zehn Jahren kam das Mädchen im Teenageralter mit ihren Eltern von Ungarn nach Wien und konnte naturgemäß noch nicht so gut Deutsch. Bei ihren Mathematikschularbeiten wurden jedoch auch die Grammatikfehler gerechnet und es hagelte Punkteabzüge, sagte sie.
"Die Lehrerin hat gesagt, ich soll die Schule abbrechen, weil ich nicht gescheit genug bin. Ich soll lieber gleich eine Lehre bei einem Supermarkt machen", sagte die Frau, die mittlerweile erfolgreich studiert. Vor einigen Jahren sei sie von einer Gruppe von Eltern angeschrieben worden, um gemeinsam gegen die Lehrerin vorzugehen. "Aber ich hatte die Kraft nicht dazu", sagte sie. "Jetzt habe ich die Kraft. Jemand muss es machen."
Rechtliche Möglichkeiten
Lehrer, denen die systematische Erniedrigung von Schülern vorgeworfen wird, seien in Wien "die absolute Minderzahl", hieß es seitens der Bildungsdirektion. Bei 26.000 Pädagogen gebe es "einige Dutzend Fälle pro Jahr", bei denen wegen gravierender Vorwürfe genau geprüft werde. "Weniger als eine Handvoll" werden wegen schwerer Verfehlungen entlassen. Je nach Schwere kann die Bildungsdirektion verschiedene Maßnahmen setzen, die von Ermahnungen und Geldbußen bis zur Entlassung führen können.
Die Voraussetzungen für eine Entlassung sind dabei abhängig vom Dienstverhältnis: Bei pragmatisierten Pädagogen führen bestimmte strafrechtliche Verurteilungen automatisch zur Entlassung, darüber hinaus kann die Behörde das Dienstverhältnis auch wegen mangelnden Arbeitserfolgs beenden. Die Entlassung kann außerdem als Strafe in einem Disziplinarverfahren ausgesprochen werden.
Anders bei Vertragsbediensteten: Fristlos entlassen werden darf im Falle einer besonders schweren Verletzung der Dienstpflicht, bei einer Vernachlässigung des Dienstes in wesentlichen Belangen und im Falle einer Weigerung, den Dienst ordnungsgemäß zu verrichten. Darüber hinaus kann auch aus bestimmten Gründen eine Kündigung ausgesprochen werden - etwa dann, wenn ein Lehrer seine Dienstpflicht gröblich verletzt (aber aufgrund der Schwere noch keine Entlassung infrage kommt, Anm.) oder er "ein Verhalten setzt oder gesetzt hat, das nicht geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben aufrechtzuerhalten".