Rund 900.000 Menschen in Österreich pflegen Angehörige. Ohne diese Tätigkeit wäre das Pflegesystem nicht aufrechtzuerhalten. Ein großer Teil davon ist allerdings selbst bereits älter, wenn die pflegebedürftige Mutter oder der Vater zu Hause gepflegt und versorgt wird. Die Hauptbetreuungspersonen waren im Jahr 2018 im Durchschnitt 63,18 Jahr alt. Das geht aus dem aktuellen Pflegevorsorgebericht des Sozialministeriums hervor.

- © M. Hirsch
© M. Hirsch

Dieser Bericht bestätigt einmal mehr, dass die Pflege von Angehörigen zu Hause mit einer deutlichen Mehrheit von Frauen übernommen wird. Deren Anteil an der Pflege daheim liegt bei knapp 73 Prozent. Das Durchschnittsalter weiblicher Betreuungspersonen liegt bei 61,9 Jahren. Jenes der Männer, die Angehörige in den eigenen vier Wänden pflegen, ist mit 66,5 Jahren deutlich höher.

Immerhin fast drei Viertel (71,5 Prozent) der Menschen, die Bezieher von Pflegegeld zu Hause betreuen, sind nicht berufstätig, hat sich bei der Untersuchung gezeigt. Lediglich zwölf Prozent waren nach diesen Daten, die auf Befragungen basieren, neben der Pflegetätigkeit in einer Vollzeitarbeit beschäftigt. Rund jede zehnte Person, die sich um die Pflege eines Angehörigen kümmert, hat dafür das Ausmaß seiner Berufstätigkeit reduziert oder sogar völlig aufgegeben.

Jeder fünfte pflegende Angehörige körperlich belastet

Der Pflegevorsorgebericht zeigt auch auf, wie stark die Belastung durch die Pflege von Angehörigen ist. Mehr als jede fünfte Hauptbetreuungsperson (exakt 21,9 Prozent) fühlt sich durch die Betreuung und Pflege eines Angehörigen körperlich belastet. Praktisch gleich hoch ist mit 21 Prozent laut dieser Untersuchung die Gruppe jener, die sich durch die Pflege daheim zeitlich belastet sieht. Schließlich geben weitere zehn Prozent an, dass sie sich durch die Tätigkeit der Angehörigenpflege finanziell belastet sehen.

Wie herausfordernd die Pflegetätigkeit daheim ist, geht aus der genaueren Auflistung der psychischen Belastungen der pflegenden Angehörigen hervor. Gut jeder Zweite (56 Prozent) gab an, dass er sich durch die Verantwortung psychisch belastet fühlt. 45 Prozent nannten Angst und Sorge als Grund. Für 38,5 Prozent, also ein gutes Drittel, waren Verzicht oder Einschränkungen der Grund für psychische Belastung. 13 Prozent sahen sich durch Überforderung bei der Pflege von Angehörigen psychisch belastet. Folgen sind Schlafstörungen, Isolation, familiäre Probleme und auch Depressionen, heißt es im Pflegebericht.

18.125 pflegende Angehörige haben im Jahr 2018 Beratung in Anspruch genommen. Knapp 63 Prozent der Beratung drehte sich um Hilfe durch soziale Dienste. In 53 Prozent der Fälle ging es um Auskünfte über Hilfsmittel, bei 52 Prozent der Beratung ging es um das Pflegegeld, bei 48 Prozent um eine funktionale Wohnsituation.

Wunsch nach einer Auszeit von der Pflege

Bei den Wünschen der pflegenden Angehörigen zur Verbesserung ihrer Situation stehen finanzielle Aspekte im Vordergrund. Das betrifft vor allem die Valorisierung des Pflegegeldes, zu der es mit Anfang Jänner gekommen ist. Es geht pflegenden Angehörigen aber auch um eine bessere Unterstützung bei der Bewältigung des Pflegealltags sowie um die Möglichkeit, sich eine Auszeit von der Pflege nehmen zu können. Im Unterschied dazu wünschen sich Angehörige von Pflegegeldbeziehern, die in Wohnheimen betreut werden, am meisten eine Aufstockung des Pflegepersonals.

Allerdings ist die Personalsituation bereits jetzt sehr angespannt. Das zeigt sich auch in einem weiteren Punkt. Neu ist, dass seit Beginn des Jahres 2020 auch nicht-diplomiertes Pflegepersonal unter die insgesamt 56 Berufe für die neue Mangelliste von Fachkräften eingereiht wurde. Vor allem auf Druck der Bundesländer können damit auch Pflegeassistenten und Pflegefachassistenten aus Drittstaaten außerhalb der EU als Pflegekräfte nach Österreich geholt werden.

Erst Ende November ist eine neue Studie im Auftrag des Sozialministeriums über den deutlich wachsenden Bedarf an Pflegepersonal vorgelegt worden. Demnach wird bis zum Jahr 2030 mit einem Bedarf an zusätzlich etwa 75.000 Pflegekräften gerechnet, davon sind knapp 42.000 diplomierte Pflegekräfte, rund 25.000 Pflegeassistenten und rund 8700 Heimhilfen.

Der Pflegevorsorgebericht führt an, dass Ende 2017 insgesamt rund 130.000 Beschäftigte mit Pflege- und Betreuungsaufgaben befasst waren - in Krankenhäusern oder auch in Pflegeheimen. Rund 18.300 Mitarbeiter waren bei mobilen Diensten in der Pflege im Einsatz.

Ein Drittel bezieht Pflegegeld länger als sieben Jahre

Ausgewertet wurde in der Untersuchung auch die Dauer des Bezugs von Pflegegeld, das österreichweit an gut 450.000 Menschen in sieben Stufen ausbezahlt wird. Ein Drittel (33 Prozent) bezog demnach Pflegegeld immerhin schon seit mehr als sieben Jahren. Bei 39 Prozent lag die Dauer des Bezugs von Pflegegeld zwischen drei und sechs Jahren. 28 Prozent haben schließlich Pflegegeld zunächst für maximal zwei Jahre bezogen.

Bei 61 Prozent der Befragten hat sich die Pflegebedürftigkeit nach und nach entwickelt. In 39 Prozent der Fälle wurde die Notwendigkeit, gepflegt zu werden, hingegen plötzlich akut.