Während des Terror-Anschlags am Abend des 2. November in der Wiener Innenstadt hatten sich 17 Jugendliche in der Ruprechtskirche zu einem nicht öffentlichen Gebetsabend versammelt. Wie der Sprecher der Erzdiözese Wien, Michael Prüller, am Freitag der Nachrichtenagentur Apa bestätigte, entgingen sie offenbar dem Attentäter, indem sie die Lichter löschten und das Eingangstor versperrten, als die ersten Schüsse fielen.
"Sie haben geistesgegenwärtig reagiert und sich verschanzt", sagte Prüller. Die jungen Gläubigen harrten bis 2.30 Uhr in dem verdunkelten Gotteshaus aus. Dann gab die Polizei Entwarnung, die Jugendlichen durften nach Hause gehen.
Der Attentäter war um 20.09 Uhr nur wenige Meter von der Kirche entfernt am Ruprechtsplatz von Einsatzkräften der Polizei erschossen worden, nachdem er vier Passanten getötet hatte. Aus Ermittlerkreisen hieß es am Freitag, man gehe davon aus, dass der schwerbewaffnete Mann in die Kirche wollte. Gesicherte Erkenntnisse dazu lagen vorerst aber nicht vor.
Grüne Kritik an Nehammer
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hatte am Donnerstag eine verstärkte Bewachung von Kirchen angekündigt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, "dass der Täter Opfer in Kirchen suchen wollte", sagte der Minister. Nehammer lieferte keine weiteren Details und verwies auf die Staatsanwaltschaft Wien, die für weitere Anfragen zuständig sei. Diese konnte aber auch keine näheren Angaben machen.
Der Grüne Abgeordnete Michel Reimon äußerte hat am Freitag öffentliche Zweifel an Nehammers Angaben. Konkret warf Reimon dem Minister des Koalitionspartners vor, die Angriffspläne des Attentäters auf Kirchen erfunden zu haben. Nach einem Gespräch mit Nehammer relativierte Reimon den Vorwurf.Konkret empörte sich der Grüne über den Auftritt Nehammers und über Aussagen von ÖVP-Tourismusministerin Elisabeth Köstinger in der "ZiB2" am Vortag. Via Twitter verbreitete Reimon ein Foto, auf dem die Grüne Verkehrsministerin Leonore Gewessler für eine 5.000 Euro-Förderung für E-Autos wirbt. "Man kann auch Angriffspläne auf Kirchen erfinden oder so tun, als würde es eine Ski-Saison geben, aber so ists besser", textete der Abgeordnete dazu.
Die SPÖ kündigte an, die Vorwürfe Reimons kommende Woche im "Geheimdienstausschuss" des Nationalrats zu thematisieren. "Dieser Streit ist nicht nur in höchstem Maße unwürdig, er gefährdet auch die Sicherheit in Österreich", so SP-Sicherheitssprcher Reinhold Einwallner.
Reimon selbst relativierte nach einem Gespräch mit Innenminister Nehammer seinen Vorwurf und begründete seinen Tweet mit seinem Ärger über die türkise Kommunikationsstrategie. "Erfinden ist nicht richtig - es ging um aufbauschen. Wir müssen das möglichst ohne Angstmacherei kommunizieren", sagte der Abgeordnete. Das Innenministerium wollte die Causa nicht kommentieren.
Stattdessen rückte ÖVP-Sicherheitssprecher Karl Mahrer aus, um das "beherzte und kompetente Vorgehen des Innenministers" zu loben. Dass Nehammer die Bevölkerung über eine Gefährdung informiere, zeuge von seinem Verantwortungsbewusstsein. (apa)