Angesichts der aktuellen Entwicklungen in Afghanistan plädiert der Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi (Grüne) für eine Flüchtlingsaufnahme in Österreich. Er machte in einem Offenen Brief an Innenminister Karl Nehammer und Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP) ein konkretes Angebot: "Innsbruck hat Platz und kann und will Schutz bieten", zitierte ihn der ORF Tirol. Zuvor war bereits von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) ein derartiges Angebot gekommen.
Die Situation verlange rasches, unbürokratisches und vor allem solidarisches Handeln der Internationalen Staatengemeinschaft, so Willi. Er plädierte für die Errichtung eines Schutzkorridors - "auch nach Europa". Damit sollen besonders vulnerable Gruppen wie Frauen und Mädchen so schnell wie möglich in Sicherheit gebracht werden.
Zudem sprach sich Willi - wie seine Bundespartei und im Gegensatz zum Koalitionspartner ÖVP - gegen Abschiebungen nach Afghanistan aus. Diese dürfe es in der aktuellen Lage nicht geben und seien auf Basis der Europäischen Menschenrechtskonvention auch gar nicht möglich.
Kritik von der Opposition
Willis Vorstoß hatte sogleich eine scharfe Kritik der Tiroler FPÖ zur Folge. Einen "pseudohumanitären Irrsinn", nannte Landesparteiobmann Markus Abwerzger Willis Angebot einer Aufnahme von Migranten. Jegliche Zuwanderung aus "kulturfremden Regionen" berge große Gefahren. Die Aufnahme von Flüchtlingen würde ein Welle von Familienzuzügen zur Folge haben. "Die Nachbarstaaten müssen die erste und einzige Adresse der Flüchtenden sein. Die Flüchtlingsbewegung von 2015 darf sich nicht wiederholen", sah Abwerzger Afghanistans Nachbarländer in der Verantwortung.
Kritik an Willi kam auch von der Innsbrucker Oppositionspartei "Gerechtes Innsbruck". Diese richtete ihrerseits einen Offenen Brief an Schallenberg und Nehammer und bezeichnete Willis Brief darin "mangels Mehrheitsbeschluss bzw. Zustimmung des Innsbrucker Gemeinderates als gegenstandslos". Willi verfüge nicht über die alleinige politische Kompetenz, ein Angebot zur Flüchtlingsaufnahme im Namen der Stadt Innsbruck zu unterbreiten.
In Innsbruck gibt es derzeit keine Regierungsbündnis. Die Stadtkoalition aus Grünen, ÖVP, Für Innsbruck und SPÖ war im Frühjahr auseinandergebrochen. Seitdem herrscht das "freie Spiel der Kräfte". (apa)