Der Streit um Waffenpässe für Elitesoldaten setzt sich 2022 fort. Weiterhin gibt es divergierende Entscheidungen von Behörden und Gerichten. Auch zum Verfassungsgerichtshof wandert die Causa.

Worum geht es? Dutzende Soldaten des Jagdkommandos sehen sich besonders gefährdet und haben daher bei den Behörden die Ausstellung eines Waffenpasses beantragt. Dieser berechtigt dazu, Schusswaffen der Kategorie B, also Faustfeuerwaffen und halbautomatische Schusswaffen, jederzeit mit sich zu führen. Die Soldaten waren in Afghanistan, im Mali und im Tschad im Einsatz. Sie befürchten, dass ihre im Ausland erfassten persönlichen Daten in die Hände von Extremisten gelangen könnten. Diese könnten dann an Terroristen in Österreich für Racheaktionen weitergegeben werden. Auch eine Ausspähung in Österreich durch Extremisten sehen sie als Gefahr.

Die Behörden und Gerichte gehen mit den Anträgen sehr unterschiedlich um. 46 Soldaten beantragten seit dem November 2020 einen Waffenpass. 13 Soldaten wurde bisher rechtskräftig ein Waffenpass ausgestellt, 5 Soldaten scheiterten mit ihrem Antrag. Der Großteil ist noch nicht rechtskräftig entschieden: 28 Verfahren sind in den diversen Instanzen noch offen.

Soldat musste Waffenpass wieder abgeben

Die unterschiedlichen Sichtweisen demonstriert der Fall eines Jagdkommando-Soldaten in Kärnten. Ihm wurde von der Bezirkshauptmannschaft Villach-Land kein Waffenpass ausgestellt. Denn diese sah die Voraussetzungen nach dem Waffengesetz dafür nicht gegeben. "Die Gefahr bewaffneter Überfälle besteht allgemein für jedermann", hielt sie fest.

Das sah wiederum das Landesverwaltungsgericht Kärnten anders. Es urteilte im Mai 2021, dass die Soldaten aufgrund ihres Berufes sehr wohl besonderen Gefahren ausgesetzt seien, "denen mit Waffengewalt zweckmäßig begegnet werden kann". Dem Mann wurde ein Waffenpass ausgestellt. Die Bezirkshauptmannschaft Villach-Land erhob dagegen Revision, welcher der Verwaltungsgerichtshof am 16. November stattgab.

Das Höchstgericht entschied in der Sache selbst und drehte das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts wieder um. Denn durch die Ausführungen des Soldaten etwa hinsichtlich eines möglichen Datenlecks "wird keine konkrete, signifikant erhöhte Gefahr eines Angriffs" gegen den Soldaten "außerhalb seiner beruflichen Tätigkeit dargelegt", schreibt das Höchstgericht. Es handle sich lediglich um spekulativ "theoretische Szenarien". Mit Schreiben vom 17. Jänner 2022 wurde der Soldat von der Bezirkshauptmannschaft Villach-Land dann aufgefordert, seinen Waffenpass wieder abzugeben.

Doch nur knapp zwei Wochen nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes obsiegte am 29. November 2021 wiederum ein Soldat vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Ihm war von der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis kein Waffenpass ausgestellt worden, da er die besondere Gefahrenlage für den Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen nicht ausreichend glaubhaft gemacht habe. Der Soldat erhob dagegen Beschwerde. Das Gericht gab ihr Folge.

Machtergreifung der Taliban
ausschlaggebend

Maßgeblich dafür war der Zeitpunkt der Entscheidung. Der Kärntner Fall wurde noch vor der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan im August 2021 gerichtsanhängig. Sie konnte damit nicht in die rechtliche Beurteilung miteinfließen. Bei der neueren Entscheidung aus Oberösterreich wurde die Machtergreifung hingegen berücksichtigt.

Die persönlichen Daten des Soldaten seien bei seinem Afghanistan-Einsatz von den afghanischen Behörden erfasst worden, so das Landesverwaltungsgericht. Und über diese Daten verfüge "seit der Machtübernahme der Taliban" nunmehr der afghanische Innenminister Siradschuddin Haqqani. Dieser habe zuvor mit dem Haqqani-Netzwerk genau jenes terroristische Netzwerk angeführt, das den "Afghanistan-Einsatz des Jagdkommandos bedrohte".

Es bestehe daher im konkreten Einzelfall Gefahr für den Soldaten, da "die Taliban bekanntermaßen Racheaktionen mithilfe von Kontaktpersonen vor Ort durchführen". Es handle "sich somit gerade nicht mehr nur um eine allgemeine, spekulative Umschreibung von Gefahren". Der Soldat, "der vor der Machtübernahme zur Ausbildung afghanischer Einheiten im Kampf gegen extremistische Gruppierungen wie den Taliban eingesetzt war, ist daher einer außerordentlichen Gefahr ausgesetzt".

Ob das der Verwaltungsgerichtshof auch so sieht, wird sich zeigen: Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts mittlerweile eine Revision erhoben. Damit befasst sich das Höchstgericht erneut mit der Causa.

Beschwerde an den VfGH

Weiters wandert sie aber auch an den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Einige Landesverwaltungsgerichte haben nämlich wiederum gegen die Soldaten entschieden. In einem Fall hat der Anwalt der Soldaten im Jänner eine Erkenntnisbeschwerde an das Höchstgericht erhoben.

Der Anwalt macht darin unter anderem geltend, dass durch die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts der Gleichheitssatz verletzt worden sei, da es willkürlich gehandelt habe. Das Gericht habe das Vorbringen der Soldaten schlichtweg ignoriert, zudem liege eine "denkunmögliche Gesetzesanwendung vor", schreibt der Anwalt.