Die Entstehung dieser dritten Anlage liege "voll im Zeitplan", wie Karl Zögerer, Sprecher von Umweltstadträtin Isabella Kossina gegenüber der "Wiener Zeitung" erklärt. Die Umweltverträglichkeitserklärung ist bei der zuständigen MA 22 eingereicht, diese führt derzeit die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durch. Im Büro Kossina wird die UVP mit Optimismus erwartet, schon bald soll dann jenes Projekt, das einen Architekturwettbewerb für sich entscheiden konnte, umgesetzt werden. Geplante Fertigstellung: 2008.
Für Lore Kummer, Sprecherin der Bürgerinitiative (BI) MVA Flötzersteig, sind diese Pläne Grund zur Besorgnis. Das 40-Jahr-Jubiläum der MVA werde damit "gekrönt": "Bald wird eine Million Tonnen Müll pro Jahr in Wien verfeuert".
"Geisterfahrer" Flötzersteig?
Schon bei der MVA Flötzersteig handle es sich um einen "Geisterfahrer, der endlich gestoppt werden muss". Tatsächlich scheint die MVA auf teils recht "wackligem" Boden gebaut. So wurde die Flächenwidmung bereits 1990 vom Verwaltungsgerichtshof als gesetzwidrig beurteilt, 1997 wurde das "Sondergebiet" von der Gemeinde aber bestätigt.
"Die für jeden Betrieb unumgängliche Genehmigung nach der Gewerbeordnung fehlt seit 40 Jahren", führt Kummer weiters aus. Auch der Rechnungshof kritisierte, doch der Schlot der Anlage spuckt weiterhin seine - nach Meinung der Bürgerinitiative - giftigen Mist- rückstände in den Wiener Luftraum. Auch bei einem großen Neu- bzw. Umbau Anfang der 90er-Jahre, bei dem die zu bewältigende jährliche Müllmenge aufs Doppelte gesteigert werden konnte, sei nicht alles rechtskonform gelaufen, wie der Verwaltungsgerichtshof 1998 bestätigte.
Schaden fürs Immunsystem?
Was Lore Kummer weit mehr Sorgen macht als die rechtlichen Denkwürdigkeiten, sind mögliche Schäden für die menschliche Gesundheit. Müllverbrennung sollte, meint Kummer, als nicht zeitgemäße Technik nicht nur am Flötzersteig sondern generell ein Ende bereitet werden. Längst an der Zeit sei es, eine umfassende Studie durchzuführen, die darlegt, inwieweit die Bevölkerung in der Umgebung der MVA Flötzersteig durch die Emissionen gesundheitlich in Mitleidenschaft gezogen worden sei. Es gebe deutliche Hinweise auf eine starke Belastung für die Bevölkerung. Substanzen, die freigesetzt werden, - etwa Dioxine und Furane - schädigten das Immunsystem. Kummer verweist auf eine Vergleichsstudie, die im Auftrag der EU in den Niederlanden durchgeführt wurde. "Wir verlangen einen Umstieg auf ein biologisch-mechanisches Verfahren zur Müllbeseitigung, das sogenannte kalte Verfahren." Der getrennte und zerkleinerte Müll wird hierbei seiner Vergärung und Verrottung zugeführt. Laut Kummer "billiger, weit weniger gesundheitsgefährdend und volkswirtschaftlich günstiger".
"Vernünftigste Methode"
Anderer Ansicht ist man freilich im Büro Kossina, wie Wögerer erklärt. "Es gibt momentan keine vernünftigere Methode zur Müllbeseitigung", meint Zögerer. "Deponien sind sicherlich keine Alternative. "In den MVA wird der Abfall zur Stromerzeugung verwendet. Zudem konnte der Abgasausstoß in den letzten Jahren ganz entscheidend gesenkt werden. Flötzersteig wie auch Spittelau (zweite große MVA in Wien, Anm.) laufen einwandfrei und befinden sich auf dem neuesten Stand der Technik."
Daher sollen am Flötzersteig auch weiterhin ca. 200.000 Tonnen Müll im Jahr verbrannt werden. Die Bürgerinitiative wird mithin ihre Existenzberechtigung noch lange nicht verlieren.