Wien. Die Unesco hat die Bezeichnung "Wiener Ball" aus dem Kulturerbe-Verzeichnis gestrichen. Anlass dafür war, dass die Liste auch den umstrittenen WKR-Ball beinhaltete. Seitens der österreichischen Unesco-Kommission heißt es: "Wir bedauern, dass bei der Einreichung die Listung des WKR-Balls übersehen haben." Nun liege es beim Kontaktkomitee der Wiener Nobel- und Traditionsbälle, die Liste der Bälle abzuklären. Der Wiener Korporationsring (WKR) ist eine Dachorganisation deutschnationaler Burschenschaften in Wien, der unter anderem die vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) als rechtsextrem eingestufte Burschenschaft Olympia angehört.

Der Grüne Nikolaus Kunrath sagt, er sei froh, dass die Unesco den WKR-Ball aus der Liste des Kulturerbe-Verzeichnisses genommen wurde, denn schließlich treffe sich auf dem Ball "das Netz der Rechten". Seit einem halben Jahr bereitet er die heute startende Aktionswoche gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus vor. Der Organisator, der früher Vorsitzender von SOS Mitmensch war, erzählt, er sei in den vergangenen Jahren immer wieder von Touristen angesprochen worden, die zufällig auf dem Ball der Burschenschafter landeten und fragten: "Habt ihr das nicht gewusst?"

Heuer stößt der WKR-Ball aufgrund seines Austragungsdatums auf besonders heftigen Widerstand. Denn am 27. Jänner 2012 jährt sich die Befreiung der Überlebenden aus dem Konzentrationslager (KZ) Auschwitz-Birkenau - dem größten Vernichtungslager des Nazi-Regimes.

"Jetzt erst recht" müsse man ein Zeichen gegen Rechtsextremismus setzen, meint Kunrath gegenüber der "Wiener Zeitung". Allein im vergangenen Jahr gab es in Österreich über 1000 Anzeigen wegen rechtsextremer Straftaten. Dies bedeutet einen Anstieg von über 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Alternativer Ball


Am Programm der Aktionswoche beteiligen sich 60 Organisationen und bieten von Workshops gegen Stammtischparolen bis hin zu Rundgängen zu Plätzen des Widerstands jede Menge Veranstaltungen. Kunrath weist auf einen Höhepunkt der Aktionswoche gleich zu Beginn hin: Am Freitagabend lesen die Schauspieler Andrea Eckert, Michael Maertens und Erwin Steinhauser aus dem Protokoll der Wannsee-Konferenz, auf der heute vor 70 Jahren der Holocaust organisiert wurde. Die Lesung beginnt um 17.30 Uhr im Neuen Institutsgebäude (NIG).

Die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) veranstaltet am selbigen Abend den "WTF!?-Ball". Der alternative Tanzabend am Badeschiff richtet sich mit der Frage "What the fuck?" an die Veranstalter des WKR-Balls und will mit Konzerten und DJ-Lineup ein Gegenprogramm stellen. Die Einnahmen gehen an die Deserteurs- und Flüchtlingsberatung. Wie man als Wirt mit Stammtischparolen umgeht, wird am Dienstag in Workshops diskutiert. Veranstalter sind SPÖ Wien und Asylkoordination (13 Uhr im SPÖ-Bildungszentrum Praterstraße).

"Wie rechts ist Österreich wirklich?", fragen tags darauf die Journalistinnen Susanne Scholl und Nina Horaczek. An diesem Tag sitzen nur Frauen am Podium - als "Zeichen gegen Männerbünde", sagt Kunrath. Die Diskussion in der Nationalbibliothek am 25. Jänner beginnt um 19.30 Uhr.

Vorträge und Musik zum Thema Verfolgung und Widerstand stehen am Sonntag auf dem Programm: Musik aus Konzentrationslagern (11 und 15 Uhr) oder Lieder des europäischen Widerstands gegen den Faschismus (17 Uhr) sind im Grünen Lokal in der Hannovergasse zu hören.

Die größten Veranstaltungen finden am 27. Jänner am Heldenplatz statt: Die Gedenkveranstaltung zur Befreiung des KZ Auschwitz-Birkenau moderiert ab 10 Uhr der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant. Musikalisch begleitet wird diese vom Jüdischen Chor und dem Chor der slowenischen Studierenden. Ab 18.30 Uhr findet am Heldenplatz die Kundgebung gegen den WKR-Ball statt. Die österreichischen Musiker Christoph & Lollo und Clara Luzia haben es sich zum Ziel gesetzt, "extreme Rechte aus dem Takt zu bringen". In der Zwischenzeit kann man online aktiv werden: Die Gewerkschaftsjugend will mit einer Facebook-Demo ein Zeichen für "mehr Menschlichkeit und Demokratie" zu setzen - und gegen Nazis.