London. Millionenfach hatten ihn Touristen mit nach Hause genommen. Als Modell in den unterschiedlichsten Größen oder aufgedruckt auf Postkarten, T-Shirts, Socken und sogar Eierbechern eroberte der Routemaster die Welt. Und bis heute kommen die alteingesessenen Londoner ins Schwärmen, wenn sie an die klassischen roten Doppeldeckerbusse zurückdenken. Eine offene Heckplattform, auf der man nicht nur den Fahrtwind im Haar spürte, sondern die einem auch die Freiheit bot, ein- und auszusteigen, wann und wo man wollte, das gab es sonst nirgendwo. Entsprechend groß war auch der Aufschrei, als der Routemaster 2005 nach jahrzehntelangem Einsatz außer Dienst gestellt wurden - zu teuer, zu umweltschädlich und zu wenig behindertengerecht waren die Busse nach Ansicht der Londoner Verkehrsbetriebe.
Sieben Jahre später gibt es aber nun eine Wiederauferstehung der Londoner Ikonen - wenngleich unter dem an Zitaten reichen Retrokleid nun ein völlig neu konstruiertes Fahrzeug steckt. Der neue Doppeldecker, der am Montag auf der stark frequentierten Route 38 erstmals im Liniendienst eingesetzt wurde, bildet einen deutlichen Gegensatz zu den anderen Bussen, die derzeit in London unterwegs sind. Hier dominieren nicht Kanten, sondern Rundungen, und man findet auch wieder eine offene Plattform, über die Passagiere bei Ampeln oder bei langsamer Fahrt ein- und aussteigen können. Um den gestiegenen Sicherheitsanforderungen gerecht zu werden, gibt es nun aber eine Tür, die die Plattform bei höherer Geschwindigkeit automatisch verschließt.
In technischer Hinsicht präsentiert sich der neue Routemaster hingegen ohne historische Verklärung. Waren in den alten Doppeldeckern noch durstige Dieselmotoren am Werk, setzt der Neue voll und ganz auf Spriteffizienz und Schadstoffvermeidung. So gibt es neben einem Hybrid-Antrieb auch ein Bremsenergierückgewinnungssystem und moderne Abgasfilteranlagen.
Für die meisten Londoner mögen aber dennoch weniger die inneren als die äußere Werte zählen. Wie wichtig diese sind, musste zuletzt Ex-Bürgermeister Ken Livingstone erfahren. Als das rote Stadtoberhaupt 2005 die alten Routemaster aus dem Verkehr zog, ersetzte er diese durch Gelenksbusse deutscher Provenienz. Die "Bendy-Busse", die aufgrund ihrer Länge zum Kurvenschneiden neigten, erwiesen sich für die teils verwinkelten Straßen Londons als unpraktisch und gefährlich. Zudem stieß ihr nüchterner Charme auf wenig Gegenliebe. Dass der derzeitige Bürgermeister Boris Johnson bei der Wahl im Jahr 2008 nicht nur einen Routemaster versprach, sondern auch die Abschaffung der Gelenkbusse, dürfte ihm einen nicht unwesentlichen Anteil am Sieg gegen Livingstone beschert haben.