Paris/London.
Brancheninsider berichteten der Nachrichtenagentur Reuters, Großbritannien werde dem Unternehmen in den kommenden Tagen eine Erlaubnis dazu erteilen, seine Pläne für eine Schließung des gefährlichen Gaslecks in Angriff zu nehmen. Bereits am Montag könne die entsprechende Genehmigung vorliegen, hieß es. Der Konzern will das Gasleck zunächst vorübergehend mit Bohrschlamm verstopfen und gleichzeitig mit zwei Entlastungsbohrungen dauerhaft entschärfen. Das könnte sechs Monate in Anspruch nehmen und Milliarden kosten.
Seit einer Woche tritt giftiges und hochexplosives Gas aus
Am Samstag war die Gasfackel auf der Plattform von allein erloschen und damit die Gefahr einer Explosion zumindest vorübergehend reduziert. Aus einem Leck auf der Plattform strömt seit rund einer Woche giftiges und hochexplosives Gas. Total wusste mindestens seit Februar von Problemen auf der Plattform. Ein Gewerkschaftsvertreter erklärte am Freitag, Arbeiter hätten schon vor Wochen Sorgen wegen eines steigenden Gasdrucks geäußert. Das französische Unternehmen habe jedoch noch Stunden vor dem Unglück beteuert, ein Versagen sei ausgeschlossen.
Die ersten Menschen auf der Plattform
Der Energiekonzern Total will im Kampf gegen das Gasleck in der Nordsee in den nächsten Tagen ein Expertenteam auf die leckgeschlagene Förderplattform schicken. Es handle sich um Fachleute von Total und von der Fachfirma Wild Well Control, die auch im Kampf gegen das Ölleck an der explodierten US-Plattform "Deepwater Horizon" im Einsatz war, sagte eine Total-Sprecherin am Montag in Aberdeen.
Es wären die ersten Menschen, die die Plattform betreten, seit sie am Sonntag vor einer Woche evakuiert worden war. 238 Arbeiter wurden mit Hubschraubern in Sicherheit geflogen. Seitdem herrscht dort wegen des austretenden Gases Explosionsgefahr. Das Erlöschen einer Flamme, mit der überschüssiges Gas aus den Rohrleitungen der Plattform abgefackelt wurde, hat die Gefahr nach Einschätzung von Experten nur geringfügig verkleinert.
Die Total-Sprecherin erklärte, es gebe noch keine gesicherten Informationen darüber, ob das Team per Hubschrauber oder per Schiff auf die Plattform rund 240 Kilometer östlich von Aberdeen gebracht werde. Auch ob die Experten bereits mit der Abdichtung des Lecks beginnen können, oder sich erst ein Überblick verschaffen, sei noch nicht klar.
Nach Angaben der Betreiberfirma strömen von dem Leck etwa 25 Meter über dem Meeresspiegel täglich rund 200.000 Kubikmeter Gas aus - etwa der Jahresverbrauch von 1000 Einfamilienhäusern. Nach Angaben der Umweltschutzorganisation Greenpeace, die mit einem Forschungsschiff am Rand der Drei-Meilen-Sperrzone vor der Plattform operiert, bestehen Umweltgefahren weniger für im Wasser lebende Organismen, sondern eher für das Klima. Das austretende Methangas ist 20 Mal klimaschädlicher als Kohlendioxid.
Wegen der noch nicht gebannten Explosionsgefahr konnte sich das Greenpeace-Schiff der Plattform nur auf drei Seemeilen nähern. Trotz der großen Entfernung entdeckten die Aktivisten eine lange Ölspur, die sich als dünner Film von der Bohrinsel in südliche Richtung zog. "Wenn wir das hier schon deutlich wahrnehmen, ist es für mich ein Indikator, dass es ein großer Unfall ist", sagte Christian Bussau, der die fünftägige Fahrt mit dem Forschungsschiff leitet. Mit der Katastrophe auf der 2010 in Brand geratenen Ölplattform "Deepwater Horizon" sei der Unfall in der Nordsee aber nicht vergleichbar.
Die Greenpeace-Aktivisten nahmen am Montag Boden- und Luftproben. Sie sollen in einem Hamburger Labor untersucht werden. Der Film aus dem ölähnlichen Gaskondensat und der Gasgeruch sei in der Gegend deutlich wahrnehmbar gewesen, berichteten Greenpeace-Mitarbeiter. Auch Aufnahmen mit Spezialkameras, von denen Aussagen zur Gaskonzentration erwartet werden, wurden gemacht.