Wien. Dieselabgase werden nicht länger als "potenziell krebserregend" bezeichnet - sie stehen nach Ansicht der Weltgesundheitsorganisation WHO in eindeutigem Zusammenhang mit Lungenkrebs. Dieser Erkenntnis sollen nun Taten folgen. "Ich gehe davon aus, dass der Handlungsbedarf steigt", lautete die Prognose von Otto Burghuber, Vorstand der I. Internen Lungenabteilung am Wiener Otto Wagner Spital. Burghuber unterstrich aber, dass Tabakkonsum nach wie vor das größte Risiko für Lungenkrebs mit sich bringen würde.

Im Gespräch mit der APA sieht Burghuber in der "erhöhten Evidenz" der Neueinstufung trotzdem einen "gewissen Auftrag an die Politik". Denn laut WHO wurden Belege gefunden, dass Dieselabgase eine Ursache von Lungenkrebs, wie auch Blasenkrebs seien. Damit hat die WHO die Abgase auf eine Stufe mit Asbest, Arsen und Senfgas gesetzt. "Asbest ist ein guter Vergleich", so der Experte. Auch wenn Asbest im Unterschied zu den Dieselabgasen zu einem Mesotheliom führt, einer Form von Lungenkrebs, die das Brustfell befällt, ist der Zeitablauf bis zum Ausbrechen der Erkrankung ähnlich. "Bei Asbest treten die Schäden nach etwa 20 bis 30 Jahren auf, auch bei Diesel ist von einem ähnlichen Zeitablauf auszugehen."
Autoindustrie muss Technologien verbessern
Eine große Verbesserung bezüglich der Gesundheitsgefährdung durch die Abgase, habe sich jedenfalls durch die Partikelfilter ergeben. Daher sei die Situation in Entwicklungsländern weitaus schlechter. "Ich bin überzeugt, dass die Autoindustrie die Technologie bei Dieselfahrzeugen verbessern wird", sieht Burghuber mögliche positive Auswirkungen in der Neueinstufung der Abgase. Und eines sollte man nicht vergessen: "Die Situation durch das Passivrauchen ist weitaus dramatischer für den Menschen" und nach dem aktiven Rauchen weiterhin die zweitwichtigsten Noxen (Stickoxide) für das Lungenkarzinom. Der Lungenfachmann gibt in diesem Zusammenhang auch zu Bedenken, dass die WHO-Vorgaben bezüglich Tabakrauch nicht in allen EU-Ländern gleich konsequent umgesetzt wurden. Inwieweit die jetzige WHO-Studie politische Folgen zeitigen wird, darüber könne man derzeit nur mutmaßen.
Bezüglich der Schädlichkeit der Dieselabgase wies ÖAMTC-Techniker Fritz Eppel auf die Wichtigkeit der Wartung hin. "Derzeit gibt es sehr viele Dieselschwerfahrzeuge. Dieselfilter sind teuer, die Wartung kostet viel Geld, daher wird sie oft so lange wie möglich hinausgezögert." Aber nicht nur bei Maschinen und Lkw, auch bei Autos sei die Instandhaltung wichtig. "Man sieht immer wieder Diesel-Pkw, vor allem ältere Modelle, die rauchend durch die Gegend fahren." Grundsätzlich seien die Abgasgrenzwerte sehr niedrig angesetzt, "auch um die Industrie anzutreiben".
Diesel gewinnt man wie Benzin aus Erdöl. Wenn man dieses raffiniert, kommen Produkte unterschiedlicher Natur heraus. Etwa nach Teer kommt irgendwann Diesel, dann - etwas leichter und flüssiger - Benzin, erklärte der Techniker. Aus einem Liter Erdöl erhält man stets die selbe Menge der Produkte - man kann also nicht nach Wunsch mehr Diesel und weniger Benzin (oder umgekehrt) aus einem Liter raffinieren.