"Das passiert also, wenn er vergisst, ihren Käfig zu versperren", war eine der sarkastischen Reaktionen, die die Trennung von Tom Cruise und Katie Holmes auf Twitter hervorgerufen hat. Ein anderer Twitterer könnte mit seinem ironischen Kommentar unabsichtlich den Nagel auf den Kopf getroffen haben: "Offenbar ist ihr Vertrag ausgelaufen und sie hat sich entschlossen, nicht zu verlängern." Gerüchte um einen Ehevertrag des Bis-grad-noch-Vorzeigepaars dominieren derzeit den Boulevard und die Internetmedien. Nun sind Eheverträge heute mitnichten eine Sensation, schon gar nicht, wenn es sich um wohlhabende Ehepartner handelt. Bei Tom Cruise und Katie Holmes freilich kommt die Aufregung nicht von ungefähr. Nimmt man doch an, dass bei diesem Vertrag nicht nur zwei Parteien, wie üblich, mitgeredet haben, sondern noch eine dritte: Scientology.
Um den wahrscheinlich prominentesten Scientology-Jünger - laut seinem Biografen Andrew Morton ist er in der Sektenhierarchie der zweit- oder drittmächtigste Mann - rankt sich so manche urbane Legende. Eine von ihnen besagt, dass er im Jahr 2005 an eine Handvoll aufstrebender Schauspielerinnen - unter anderem Scarlett Johansson und eben Katie Holmes - mit einem verführerischen Angebot herangetreten sein soll: Für fünf Jahre Ehe gäbe es im Austausch nicht nur eine Karriererutsche, sondern auch eine Finanzspritze - und bei erfolgreicher Fortpflanzung einen Bonus. Dieser Legende ist die Internetzeitung "Huffington Post" nun nachgegangen und hat herausgefunden: Die Wahrheit könnte gar nicht so weit davon entfernt sein.
Aufpasser und Beschatter
Der Scientology-Experte Tony Ortega glaubt zu wissen, dass die Sekte bei einigen Schauspielerinnen die Cruise-Gesponstauglichkeit überprüft hat und jede von ihnen eine Verschwiegenheitsklausel unterschreiben musste, ehe sie zum Date mit Cruise antrat. Johansson soll sich wenig begeistert gezeigt haben, als Cruise ihr Bücher von L. Ron Hubbard aufgedrängt habe, Holmes war da weniger zimperlich. Bei der Hochzeit war Sektenchef David Miscavige Trauzeuge. Eine Aufpasserin soll Holmes seit Beginn der Beziehung auf Schritt und Tritt gefolgt sein. Und Holmes arrangierte sich mit den Bedingungen der Sekte zumindest in einer öffentlich debattierten Sache: Für die Niederkunft mit Tochter Suri wurde eine "stille Geburt" verordnet. Dabei dürfen Ärzte und Schwestern nur das Nötigste sprechen, um laut Scientology-These Mutter und Kind nicht zu schaden.
Einen potenziellen Schaden des Kindes dürfte Holmes auch mit der Trennung verhindern haben wollen. Glaubt man den Berichten, hat sie noch rechtzeitig die Handbremse gezogen, bevor Cruise seine Tochter der Sekte übergeben konnte. Suri hatte dafür eine Gnadenfrist von sechs Jahren, nun wäre der Besuch der sogenannten Sea Org auf dem Programm gestanden. Das ist eine Art paramilitärische Eliteschule, bei der Kinder von ihren Eltern getrennt zu absolutem Gehorsam gedrillt werden. Dass sich Scientology diese Schmach nicht so einfach gefallen lassen wird, zeigen jüngste Berichte, die besagen, dass Holmes beschattet werde.
Cruise gilt als der offensivste Streiter für Scientology in der nicht eben kleinen Hollywood-Klientel der Sekte. Nicht alle rühren so die Werbetrommel wie er oder Will Smith oder auch John Travolta, andere wie Priscilla und Lisa-Marie Presley sprechen kaum über ihre Scientology-Zugehörigkeit. Cruise hingegen griff schon einmal Brooke Shields an, weil sie ihre Wochenbettdepression mit Psychopharmaka bekämpft hatte - Cruise vertrat aggressiv die Scientology-Theorie, dass Psychiatrie eine Pseudowissenschaft sei. Und in einem Interview mit dem "Spiegel" antwortete Cruise auf die Frage, ob er sich als Rekrutierer sehe: "Ich bin ein Helfer. Ich will nur den Leuten helfen. Ich will, dass es allen gut geht."
Ein hehres Ziel für einen Mann, der ein Jahr in einem Priesterseminar der Franziskaner lebte. Vom deutschen Historiker Guido Knopp wurde Cruise mit Joseph Goebbels als Propagandaminister von Scientology verglichen. Das ging Biograf Andrew Morton zu weit, er hatte in seinem Buch Cruise als einen der maßgeblichen Entscheidungsträger der Sekte bezeichnet - diese Biografie hat Tom Cruise immer als "Bündel an Lügen" bezeichnet.
In seiner Ehe hat Cruise diese angebliche Macht - sein Rang ist übrigens Operierender Thetan Stufe 6 - offenbar nicht viel geholfen. Vielleicht hilft sie ihm aber bei der Scheidung - eine Schlammschlacht wird befürchtet, weil Holmes das alleinige Sorgerecht fordert. Twitter-Spaßvögel fragen vor allem: "Und wer kriegt die Couch?" - die von Oprah Winfrey, auf der Cruise einst hüpfend seine Liebe verkündet hat.