Wien. Im Geldwäsche-Prozess gegen Alfons Mensdorff-Pouilly ist bei der Zeugenbefragung eines ehemaligen Mitarbeiters am Mittwoch eine für den "Grafen" unangenehme Aussage publik geworden. Christian P. hat bei seiner Einvernahme durch die Polizei ausgesagt, dass bei einem medizinischen Projekt in Ungarn, das allerdings nicht Gegenstand der Anklage ist, ganz offen über Schmiergelder gesprochen worden sei und darüber, wie diese verdeckt durchgeführt werden könnten. "Hier war Mensdorff die richtige Adresse", so die Aussage. Im Zusammenhang mit dem britischen Rüstungskonzern BAE Systems habe er derartiges aber nicht wahrgenommen, so der Zeuge.

Vom Richter gefragt, wie er zu dieser Aussagen bei seiner Einvernahme gekommen sei, meinte P. heute, man sei davon ausgegangen, dass Mensdorff entsprechende Möglichkeiten und Kontakte gehabt habe. Es sei Mensdorffs Aufgabe gewesen, "Türen zu öffnen". So seien vom Büro Mensdorffs Termine mit Ministern in Ungarn organisiert worden.

Ob Ähnliches auch bei Rüstungsgeschäften von BAE passiert sei, wusste der Zeuge aber nicht. Er sei hier "nicht involviert" gewesen. Das seien "zwei verschiedene Projekte gewesen, die anders gelagert sind, dazu kann ich nichts sagen". Er habe auch nicht mitbekommen, dass im Büro Bargeld vorbei gebracht worden sei. P. sagte weiters aus, dass zu seiner Zeit Mensdorff nur für die schwedischen Gripen lobbyiert habe und nicht für die Eurofighter.

Mensdorff wies die Anschuldigungen von P. zurück und führte dessen Aussagen darauf zurück, dass das Arbeitsverhältnis mit P. fast mit einen Prozess geendet hätte. Er wolle nicht leugnen, dass in diesen Ländern Schmiergeldzahlungen immer wieder verlangt worden seien, so Mensdorff. Nach 2000 seien den Politikern allerdings Erfolge wichtiger gewesen als Geld. Er habe immer gesagt, "das brauchen wir nicht, das schaffen wir auch ohne und wir haben es geschafft", bestritt er die Vorwürfe.

Beweismittelfälschung thematisiert
Auch der Anklagepunkt, in dem Alfons Mensdorff-Pouilly Beweismittelfälschung vorgeworfen wird, ist thematisiert worden. Mensdorff behauptet, 4,67 Millionen Euro, die über die Konten der Briefkastenfirma Brodmann Business S.A. flossen, hätten seinem verstorbenen Mentor Timothy Landon gehört und wären von ihm, Mensdorff, auf dessen Wunsch in ein Projekt in Dubai investiert worden.

Der Geschäftsmann Wolfgang H., der die Millionen erhalten haben soll, ist wie Landon mittlerweile verstorben. Sein Geschäftspartner und seine Mutter schlossen im Zeugenstand nun allerdings dezidiert aus, dass H. von Mensdorff-Pouilly Millionen bekommen haben könnte.

Für H.'s langjährigen Partner in Dubai, einen 44 Jahre alten Kaufmann, war das Fax, mit dem Wolfgang H. den Gelderhalt bestätigt haben soll und das Mensdorffs Verteidiger Harald Schuster im Ermittlungsverfahren vorgelegt hat, getürkt. Der Zeuge und Wolfgang H. hatten je 200.000 Euro in ein Business Center investiert. Ihr "Emirates Business Center" kam 2002 ins Laufen. Dass H. zu diesem Zeitpunkt und später Kontakt zu Mensdorff gehabt hätte, war dem Zeugen völlig neu: "Mensdorff ist nie erwähnt worden." Auch von einer Summe von 4,67 Millionen Euro sei nie die Rede gewesen: "Ich nehme an, ich hätte mitbekommen, wenn H. diese Millionen bekommen hätte." Die Eigenmittel seines Partners seien nämlich "begrenzt" gewesen.

Zeugin: Keine "schriftlichen Beratungen"
Die ehemalige Sekretärin, die 25 Jahre lang bei Alfons Mensdorff-Pouilly gearbeitet hatte und wegen einer angeblichen Erkrankung nicht aussagen wollte, erschien doch bei Gericht, nachdem sie der Amtsarzt für einvernahmefähig erklärt hatte. Sie hatte für den "Grafen" nicht nur die Korrespondenz erledigt, sondern formal als auch Geschäftsführerin einer seiner Firmen fungiert, "weil der Chef es gesagt hat", wie sie dem Gericht erklärte.

Auf die Frage, ob sie die teilweise in Englisch abgefassten Verträge, die sie als Geschäftsführerin unterschreiben musste, verstanden hätte, meinte die 56-Jährige: "Ich hoffe." Englisch habe sie aber nicht gesprochen, musste sie einräumen. Auch Bilanzen habe sie unterfertigt: "Wenn sie Fachkräfte geprüft haben, habe ich es schon unterschrieben." Zur Beratertätigkeit in Mensdorffs Firmen bemerkte die Zeugin, sie habe "keine Ahnung", wer "schriftliche Beratungen gemacht hat, wenn welche gemacht wurden", sagte die 56-Jährige.

Vernommen wurde auch ein Cousin zweiten Grades des "Grafen", den dieser bis 2006 bei sich beschäftigt hatte. Der Mann ging mehrmals zur Bank und behob 300.000 bis 400.000 Euro von Firmenkonten. "War das koscher für Sie?", wollte Richter Stefan Apostol wissen. "Was ich mir damals gedacht habe, weiß ich nicht mehr", beschied ihm der Zeuge. Vor der Polizei hatte er noch erklärt, "Bedenken" gehabt und Mensdorff auf die Geldboten-Gänge angesprochen zu haben.

Zeugenschwund im Prozess
Elf Zeugen hätten am heutigen Verhandlungstag im Geldwäsche-Prozess gegen Alfons Mensdorff-Pouilly und den mitangeklagten Kurt D. aussagen soll. Vier von ihnen deponierten - teilweise sehr kurzfristig - bei Richter Stefan Apostol, dass sie ihrer Ladung nicht nachkommen könnten. Oliver Ginthör, Mensdorffs Steuerberater, befindet sich in spitalsärztlicher Behandlung. Ginthör sei "derzeit nicht einvernahmefähig", stellte Apostol zu Beginn der Verhandlung fest.

Der Geschäftspartner wiederum habe "heute am Morgen per Selbstdiagnose festgestellt, dass er eine Lebensmittelvergiftung hat", berichtete der Richter. Er will dies nun ebenfalls rasch amtsärztlich überprüfen lassen.

Ein Zeuge aus der Schweiz, der laut Anklage in die Briefkastenfirma Valurex International SA eingebunden war, über die Mensdorff teilweise seine Beratungsleistungen für den britischen Rüstungskonzern BAE Systems abgewickelt haben soll, verweigerte sich aus grundsätzlichen Erwägungen. Er ließ Apostol wissen, dass er als Schweizer der Ladung eines ausländischen Gerichts nicht nachkomme. Sein Anwalt teilte in einem Schreiben mit, sein Mandant habe "weder die Absicht noch die Pflicht, sich weiter mit Aspekten dieses Aktes zu befassen".

Da es sich bei ihm um keinen österreichischen Staatsbürger handelt, hat Apostol keine rechtliche Handhabe, den Schweizer zu einer Zeugenaussage zu zwingen. Auf Angaben dieses Zeugen muss daher verzichtet werden.

Geld landete auf Offshore-Konto

Letzter Zeuge im Geldwäsche-Prozess gegen Alfons Mensdorff-Pouilly und den mitangeklagten Kurt D. war der ehemalige OMV-Generaldirektor Wolfgang Ruttenstorfer. Mensdorff war vom heimischen Mineralölkonzern als Berater herangezogen worden, als Rumänien 2004 die staatliche Petrom privatisierte. Dass der OMV die Übernahme des Erdöl- und Erdgaskonzerns glückte - sie hält 51 Prozent der Anteile -, war laut Ruttenstorfer auch auf Mensdorffs Geschick zurückzuführen.

"Mensdorff hat die Verträge gut abgewickelt", lobte der Ex-OMV-Boss den Angeklagten. Als die OMV den Zuschlag erhielt, habe er "nach Personen gesucht, die Zugang zu politischen Entscheidungsträgern hatten, zumal in Rumänien Wahlen angestanden sind", erinnerte sich Ruttenstorfer. Immerhin sei der Personalstand der Petrom zehnmal so groß gewesen wie der der OMV. Da ihm bekannt war, dass der Ehemann der ÖVP-Politikerin Maria Rauch-Kallat "gute Verbindungen in ganz Zentraleuropa, insbesondere in Osteuropa" hatte, engagierte Ruttenstorfer Mensdorff und beauftragte ihn "mit Marktforschung und Feldforschung mit Fokus auf das politische Umfeld", um die Einbindung der Petrom reibungslos bewerkstelligen zu können.

Mensdorff habe ein Erfolgshonorar "von weniger als einem Promille" der Transaktionssumme bekommen. Dass die Zahlungen der OMV nicht nur über ein Firmen-Konto Mensdorffs abgewickelt wurden, sondern zusätzlich Gelder über die auf den britischen Jungferninseln etablierte Brodmann Business S.A. liefen, wertet Staatsanwalt Michael Radasztics als eindeutigen Beleg dafür, dass Mensdorffs Behauptung, er habe mit Brodmann nichts zu tun und es sei dies nicht seine Gesellschaft, nicht den Tatsachen entspricht.

Mensdorff habe ihm keine Erklärung dafür geboten, weshalb die jeweils 500.000 Euro über zwei Konten laufen sollten, berichtete Ruttenstorfer. Er sei damit "prinzipiell einverstanden gewesen" und diesem Thema daher im weiteren Verlauf "nicht mehr näher getreten".

Als sich die OMV 2005 für den ungarischen MOL-Konzern interessierte, kam neuerlich Mensdorff als Berater infrage, indem er laut Ruttenstorfer Informationen über die politische Situation in Ungarn einholen und eruieren sollte, "wie man dort ein Näherrücken der OMV sieht". Hätte der Angeklagte dabei wiederum auf eine "gesplittete" Zahlung seines Honorars bestanden,"hätte man darüber reden können", meinte der Ex-OMV-Boss. Auf Frage von Verteidiger Harald Schuster erklärte Ruttenstorfer, Mensdorff habe seine Beratungs-Tätigkeit in dem Sinn abgewickelt, als er auf "sehr spezifische, mündliche Fragen" seine Ergebnisse nach entsprechenden Recherchen üblicherweise bei persönlichen Besprechungen oder telefonisch und nicht in Schriftform präsentierte.