Linz. "Es war ein langer Karfreitag, aber ich denke, dass ich jetzt schon näher an Ostern bin." Dieser Satz, mit dem Franziska Jägerstätter gern auf die Frage antwortete, wie sie das große Leid ertragen konnte, scheint ihr Hoffnung gegeben zu haben: Die Witwe des seliggesprochenen Märtyrers Franz Jägerstätter ist am Samstag 100-jährig gestorben. Ihr zu Ehren wird nächsten Freitag im Linzer Mariendom ein Requiem gefeiert, tags darauf erfolgt die Beisetzung.

"Ob er mich im Himmel noch kennt?", hatte sie noch anlässlich ihres 100. Geburtstages am 4. März verschmitzt gefragt: weil ihr Mann Franz ja noch so jung und sie bereits so alt sei. Vielleicht weiß Franziska Jägerstätter jetzt die Antwort. Feststeht: Ihren Humor schien sie nicht verloren zu haben. Und das, obwohl sie jahrelang mit schweren Vorwürfen zu kämpfen hatte. Gaben doch viele ihr und ihrem Glauben die Schuld am Tod ihres Mannes.

Franziska, Tochter einer Bauernfamilie in Hochburg (Bezirk Braunau) in Oberösterreich, heiratet Franz Jägerstätter 1936. In den folgenden Jahren kommen die Töchter Rosalia, Maria und Aloisia zur Welt. Die gläubige Frau bringt den lebenslustigen jungen Mann zum Bibellesen und Beten. Bei der Volksabstimmung am 10. April 1938 über den im März vollzogenen Anschluss gibt Franz Jägerstätter die einzige Nein-Stimme seines Ortes ab. Am 2. März 1943 verweigert er in der Kaserne Enns den Dienst mit der Waffe für das Hitlerregime aus dem Glauben heraus.

Trotz der drohenden Konsequenzen steht Franziska Jägerstätter hinter ihrem Mann. Anfangs soll sie noch versucht haben, ihn umzustimmen. Als es allerdings zu Auseinandersetzungen mit den Verwandten kommt, tritt sie an seine Seite. "Er hätte ja sonst niemanden gehabt, wenn ich nicht zu ihm gehalten hätte", sagte sie später. Und auf die Frage, warum ihr Mann nicht in den Krieg gezogen sei, gab sie fortan überzeugt zur Antwort: "Weil sie (die Nationalsozialisten, Anm.) die Kirche so verfolgt haben."

Franz Jägerstätter kommt in Haft, Franziska und er schreiben einander zahlreiche Briefe. Vor der Vollstreckung des Todesurteils durch Enthauptung am 9. August 1943 ermöglicht ihnen ihr Pflichtverteidiger ein letztes Treffen, um sich zu verabschieden.

Nach dem Krieg setzt Franziska Jägerstätter die Arbeit am Bauernhof ihres Vaters fort, 30 Jahre lang ist sie zudem Mesnerin an der Pfarrkirche St. Radegund und Leiterin der pfarrlichen Katholischen Frauenbewegung. Eine Witwenrente nach dem österreichischen Kriegsopferfürsorgegesetz wird ihr erst 1950 zugesprochen, weil ihr Mann nicht als Widerstandskämpfer anerkannt ist. Franziska Jägerstätter kämpft allerdings weiter für ihn - bis schließlich am 1. Mai 1997 das Todesurteil gegen Jägerstätter aufgehoben wird. Am 26. Oktober 2007 wird er im Linzer Mariendom seliggesprochen.

Ehrenzeichen, Film-Porträt

Heute ist ein Park in Vöcklabruck nach Franz Jägerstätter benannt. Dafür, dass sich seine Frau zeit ihres Lebens dem Andenken ihres Mannes widmete, erhielt sie das Goldene Verdienstzeichen des Landes Oberösterreich, das Goldene Verdienstzeichen der Republik und das päpstliche Ehrenzeichen "Pro Ecclesia et Pontifice". Zudem beschäftigten sich mehrere Theaterstücke und ein Film-Porträt mit dem Leben der Witwe.

Nach der Todesnachricht am Samstag würdigte sie Nationalratspräsidentin Barbara Prammer als "Vorbild an Unbeugsamkeit". Franziska Jägerstätter, seit Herbst 2012 bettlägerig, starb in ihrer Wohnung in St. Radegund inmitten ihrer Familie. Darunter 14 Enkel und 17 Urenkel. Sie tragen das, was geschehen ist, weiter.