"Dann hat’s einen Kracher gemacht": In Neuhaus rutschen Hänge, bersten Straßen, knicken Bäume um. Für Bürgermeister Helmut Sampt ist das "eine Katastrophe". Rosner
"Dann hat’s einen Kracher gemacht": In Neuhaus rutschen Hänge, bersten Straßen, knicken Bäume um. Für Bürgermeister Helmut Sampt ist das "eine Katastrophe". Rosner

Neuhaus. Der kleine Nussbaum steht noch. Allerdings steht er jetzt woanders, als er noch vor zwei Wochen gestanden ist, ein paar Meter weiter unten. Hinter dem Haus von Michael Spitzer hat das Erdreich zu wandern begonnen, Zentimeter für Zentimeter, den kleinen Nussbaum zog es einfach mit. Seinen Kollegen, einen zweiten Nussbaum, wird es womöglich auch noch erwischen, zumindest liegen seine Wurzeln schon größtenteils frei.

In Neuhaus am Klausenbach im südlichen Burgenland, unmittelbar vor Slowenien, rutschen seit Wochen die Hänge. Und von diesen gibt es in der großflächigen Streusiedlung, die sich über 20 Quadratkilometer pittoreskes Hügelland erstreckt, genügend. "Das", sagt Anrainer Spitzer und deutet auf den Nussbaum, "das ist ist noch gar nichts."

Helmut Sampt ist Bürgermeister der Gemeinde und derzeit im Dauereinsatz. An 13 Stellen im Ort rutscht das Erdreich, an sechs davon sind die Schäden auch weit dramatischer als nur ein versetzter Jungbaum. Sampt steigt ins Auto und führt den Besuch aus Wien quer durch Neuhaus. Auf einmal fehlt ein Stück Straße.

"Am Ostersonntag hat es am Vormittag mit ersten Rissen begonnen, dann hat’s irgendwann einen Kracher gemacht." Jetzt liegen im darunterliegenden Wald einige Fetzen des abgerissenen Straßenbelags, der restliche Asphalt hängt wie eine weich gewordene Tortenglasur über der Klippe. "Das ist eine Katastrophe", sagt der Bürgermeister. Und er sollte es nicht nur einmal sagen.

Viel Schnee als Ursache


Der Grund für die vielen Hangrutschungen ist in erster Linie der intensive Schneefall in Verbindung mit dem für diese Region typischen Lehmboden. Zweieinhalb Meter Schnee fiel in diesem Winter in Neuhaus, so viel war es zuletzt in den 60er Jahren. Wenn es taut, wird der Lehmboden "zu einer Art Gleitschicht", erklärt Maria Tschach vom Geologischen Dienst im Burgenland. An einem Hang im Ortskern schiebt sich die Humusschicht wie eine Graslawine langsam Richtung Talsohle.

Der Schnee ist bis auf paar Überbleibsel in schattigen Winkeln mittlerweile weggeschmolzen, die Temperaturen sind frühlingshaft und die Sonne beginnt damit, die Hänge trockenzulegen. Sampt steht am großen Loch in der Zufahrtsstraße: "Seit Dienstag ist es ruhig", sagt er. Doch Entwarnung gibt es keine. Jeder Wolkenbruch würde die Situation wieder verschärfen. "Das wäre eine Katastrophe."