Wenn man in der guten, alten Zeit Pech hatte, dann musste man in den Zügen der Lokalbahn Siebenbrunn-Engelhartstetten stehen. Es gab viele Fahrgäste, und auf den Bahnhöfen tummelten sich Angehörige mittlerweile ausgestorbener Berufe. Fahrkartenverkäuferinnen zum Beispiel. Sie und die Fahrdienstleiter und die Verschubarbeiter hatten gut zu tun.
Als gegen Ende des 20. Jahrhunderts die Intervalle länger, die Innovationsschübe heftiger und die Fahrgäste weniger wurden, verschwanden auch die Arbeitsplätze. Und am Ende die Züge. Im Oktober 2003 fuhr zum Abschied noch einmal ein Sonderzug feierlich über die Geleise der Lokalbahn Siebenbrunn-Engelhartstetten. Dann wurde der Betrieb endgültig eingestellt. Nun sorgt die Lokalbahn noch ein letztes Mal für Gesprächsstoff in den Dörfern entlang der Strecke: Die Geleise, immerhin auf einer Länge von 36 Kilometern verlegt, wurden in einer Ho-Ruck-Aktion Anfang des Jahres abgetragen.
"Plötzlich kamen Bagger"
So sieht es zumindest ein Anrainer: "Es war schon komisch. Plötzlich kommen Bagger, man weiß nicht von wem, und reißen die Schienen raus. Die Schwellen liegen immer noch herum." Des Rätsels Lösung: Zuständig ist die NÖVOG, die Niederösterreichische Verkehrsorganisationsgesellschaft. Sie kaufte die Bahnstrecke 2010 von den ÖBB. Die NÖVOG betreibt Bahnen mit einer Gesamtlänge von 329 Kilometer und ist prinzipiell eine auskunftsfreudige Firma. Sie bietet aktuelle Informationen in den Sozialen Medien und im Web. Auf der Homepage erfährt man zum Beispiel, dass auf der Mariazellerbahn ein Schienenersatzverkehr eingerichtet wurde. Oder die neuen Saison-Angebote für die Wahlviertelbahn. Über die Entfernung der Bahnstrecke Siebenbrunn-Engelhartstetten wurde nicht informiert.
"Der Schwerpunkt unserer Website liegt auf Kundenbetreuung, dem Fahrgast, den betriebenen Strecken", erklärt NÖVOG-Pressesprecherin Brigitta Pongratz. Und verweist auf die behördliche Abwicklung, "die auch einen Informationsaspekt hat." Der allerdings Anrainern nicht so leicht zugänglich ist. Der Zeitplan der NÖVOG sieht jedenfalls vor, dass bis Ende Mai auch die mit Teeröl getränkten Holzschwellen entfernt werden, die derzeit noch lose entlang der Bahnstrecke liegen. Sie gelten als giftiger Sondermüll und müssen fachgerecht entsorgt werden. "Derzeit sind drei Speditionen mit dem Abtransport beschäftigt", erklärt Pongratz. Das Projekt im Marchfeld wurde international ausgeschrieben, den Zuschlag erhielt die deutsche Firma Meißner als Bestbieter.