
Die Bahn war nicht immer umweltfreundlich
Das Abtragen alter Bahnstrecken ist ökologisch ein sensibles Geschäft. Nicht überall ist der Untergrund unbedenklich. Unterhalb der Gleisbetten lagern an manchen Stellen auch toxische Reste aus rund hundert Jahren Bahnbetrieb. Ölrückstände und Kohleschlacken vor allem, erklärt der Experte Franz Hammerschmid von der ÖBB-Infrastruktur AG: "Die Bahn war vor ihrer Elektrifizierung nicht gerade umweltfreundlich." Das Erdreich ist besonders im Bahnhofsbereich kontaminiert, wo die Lokomotiven gewartet wurden.
Das Metall der Schienen, eine durchaus werthaltige Hinterlassenschaft, kann ohne Umwege wieder in den Hochofen. Bei der Lokalbahn Siebenbrunn-Engelhartstetten wurden exakt 21, 828 Kilometer Schienen abgetragen. Die Schrottpreise für Bahnschienen bewegen sich derzeit zwischen 180 bis 190 Euro pro Tonne.
Wenn sie noch brauchbar sind, sagt Pongratz, werden Schienen auch auf anderen Bahnstrecken eingebaut. Die Betonschwellen werden recycelt und als Wegebaustoff wiederverwendet. Immobilien entlang der Bahnstrecke werden an den Meistbietenden verkauft, die Gemeinden haben aber eine Vorkaufsrecht. Vor allem aufgelassene Bahnhöfe gelten als begehrte Wohnobjekte.
Teures Eisenbahnrecht
Mit dem "Bahnpaket" 2010 bekam die NÖVOG insgesamt 28 Nebenbahnen zugeteilt. Manche Strecken - etwa die Schneeberg-, die Mariazeller- und die Waldviertelbahn - wurden revitalisiert, andere Strecken, die laut Pongratz schon seit 30 Jahren nicht mehr befahren werden, stehen vor der Auflösung. Auch eine Strecke, auf der kein Zug mehr fährt, gilt rechtlich als Eisenbahn - mit allen Kosten für Wartung und Instandhaltung, die das mit sich bringt, wie Pongratz betont.

Bei der Auflösung einer Bahnstrecke schreibt die Eisenbahnbehörde vor, was zu tun ist: Geleise auf Straßenkreuzungen etwa, die die darüberfahrenden Autos zum Rumpeln bringen, müssen rückgebaut werden; Bauten wie Eisenbahnbrücken oder Viadukte sind eigens zu besichern. Auch die Gleisbetten werden in der Regel abgetragen. Am Ende erfolgt noch einmal eine Prüfung durch die Behörde, mit dem abschließenden Bescheid ändert sich der Rechtszustand: Erst jetzt ist die Bahn endgültig Geschichte.
Konflikte in den Regionen
Genau diese Endgültigkeit sorgt in einzelnen Regionen für Konflikte. Das Verkehrsforum Wald4tel etwa wollte die Schienenstränge der Thayatalbahn erhalten und brachte beim Landesverwaltungsgerichtshof eine Beschwerde gegen die Nachnutzung als Radweg ein. Eine Reihe prominenter Unterstützer sprach sich für die Erhaltung der Bahn-Infrastruktur aus. In einer Online-Petition an Landeshauptmann Erwin Pröll forderte die Initiative "die Sicherung der Thayatalbahntrasse und den Stopp der Demontage".
Wald4tel sieht in einer Revitalisierung der Thayatalbahnein ein "regionales Projekt mit signifikantem grenzübergreifenden Entwicklungs- und Arbeitsplatzpotential". Mittlerweile, sagt Obmann Josef Baum, "sind allerdings bereits 80 Prozent der Schienenstränge abgetragen". Er kritisiert die überwiegend touristische Fortführung alter Lokalbahnen: "Man investiert Millionen in Bahnen, die ein paar Mal im Sommer fahren. Das Geld wäre für ein ordentliches Schienen-Verkehrskonzept besser ausgegeben."