Kompensatorischer Konsum

Besonders anfällig für Schuldenquellen dieser Art sind laut Maly Menschen mit schlechter Bildung. 45 Prozent der verschuldeten jungen Erwachsenen hätten lediglich einen Pflichtschulabschluss und 80 Prozent maximal eine Lehre absolviert.

Das generell niedrige Einkommen der Betroffenen sowie die geringe Aussicht auf ein höheres lasse die Hoffnung, einmal alles zurückzahlen zu können, schwinden. Und: Das Phänomen des "kompensatorischen Konsums", wie Maly es nennt, treibe die Schuldner oft in ein noch größeres Chaos. "Viele versuchen, ihr geringes Selbstwertgefühl mit Konsumgütern wettzumachen." Und glauben etwa, nur wenn man das neueste Smartphone hat, gehöre man dazu. "Oder nur wenn man ein großes schwarzes Auto fährt, ist man ein Mann."

Die Gesellschaft sei von Luxus geprägt - der Umgang mit Geld viel zu leichtfertig. Wurde man früher schon im Volksschulalter angehalten zu sparen, stehe heute der Konsumgedanke im Mittelpunkt. Darüber hinaus ist Studieren ohne Laptop gar nicht mehr möglich. Sämtliche Anmeldungen für Lehrveranstaltungen, Seminare und Prüfungen sind nur noch über Internet möglich. Lerngruppen und Referat-Besprechungen laufen über soziale Netzwerke wie Facebook. Zahlreiche Firmen haben freilich ihre Chance erkannt und bieten von vornherein Ratenzahlungen auf elektronische Geräte wie Laptops oder eben Smartphones an.

Österreichweite Gesamtstrategie

Was fehlt sei eine österreichweite Gesamtstrategie bezüglich Prävention und Budgetplanung ergänzt Hans Grohs, Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatungen GmbH. Derzeit gebe es in jedem Bundesland unterschiedliche Angebote. In Vorarlberg, Oberösterreich und Salzburg etwa können Schüler einen Finanzführerschein machen, im Zuge dessen sie den Umgang mit Geld lernen.

Verschiedene Banken kooperieren auch mit Schulen, indem sie Vorträge zum Thema Geld halten. Die Organisation "Jugend am Werk" veranstaltet gemeinsam mit der Schuldnerberatung und der Erste Bank regelmäßig Workshops, bei denen die Jugendlichen unter anderem auflisten müssen, wie viel sie für Fortgehen, Zigaretten und Kleidung ausgeben. Aktuell überlegt zumindest das Unterrichtsministerium, die Themen Geld und Schulden als Querschnittmaterie in mehreren Fächern zu behandeln.

Schulstunden wie diese hätten auch den heute Erwachsenen gut getan. Allein seit dem heurigen Frühjahr verzeichnet die Wiener Schuldnerberatung laut Maly einen Anstieg der Zahl der Ratsuchenden um 20 Prozent. Daran sei unter anderem die steigende Arbeitslosigkeit schuld. Die nationale Arbeitslosenquote liegt derzeit bei 7,6 Prozent.

Haben sich erst einmal Schulden angehäuft, wird es immer schwieriger, den Berg abzuarbeiten. "Umschuldungskredite machen die Sache noch schlimmer", sagt Maly. "Sobald man woanders weitere Schulden macht um seine Schulden zu löschen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis das Ganze explodiert."