Wien. Darf man in Österreich Cannabis anbauen? Ja und nein. Solange die Hanfpflanzen nicht zur Blüte gebracht werden, ist deren Besitz erlaubt. "Samen und Blätter der Cannabispflanze, die nicht mit Blüten- und Fruchtständen vermengt sind, sind ausdrücklich von der Suchtgiftverordnung ausgenommen (...)", urteilte das Wiener Oberlandesgericht.

Erst mit der Blüte entwickelt der Hanf den berauschenden Cannabis-Wirkstoff THC. Dessen Erwerb, Erzeugung und Verkauf ist in Österreich strafbar. Und in diesem juristischen Graubereich werden in Österreich zahlreiche Geschäfte betrieben, die auf legalem Weg Cannabispflanzen aufziehen und dann mit dem Hinweis verkaufen, dass die Stecklinge nicht zur Suchtgiftgewinnung verwendet werden dürfen.

Dazu müssen die Pflanzen unter Vorgaukelung eines langen Sonnentages aufgezogen, also mindestens 18 Stunden lang beleuchtet werden. Der Hanf ist eine einjährige Pflanze, die im Frühjahr keimt, im Sommer wächst und im Herbst, wenn die Tage kürzer werden, zu blühen beginnt. "Mit der Bestrahlung von 18 Stunden simulieren wir den Sommer und verhindern so die Blüte", erzählte Alexander Kristen, der seit elf Jahren im Geschäft ist.

Legale Cannabisplantage

In seiner Gärtnerei "Flowery Field" in Brunn am Gebirge wächst auf 1.000 Quadratmeter eine völlig legale Cannabisplantage. Aus den Mutterpflanzen werden die Stecklinge für den Verkauf aufbereitet, nicht immer zur Freude von Anrainern. Obwohl die Gewächse keine Blüten haben, wurde Kristen im Zuge seiner Geschäftstätigkeit bereits mehrmals angezeigt, weil Nachbarn den typisch süßlichen Marihuanageruch in seinen Räumlichkeiten wahrnahmen. Vier Mal wurden die Vorwürfe gerichtsanhängig, die Verfahren jedoch eingestellt.

Trend zum Heimanbau

Marihuanakonsumenten bauen ihr Suchtgift mittlerweile lieber daheim an, als das Gras auf der Straße zu erwerben, meint der Anwalt Philipp Wolm, der u.a. Mitglieder der Wiener Drogenbande "La Familia" vertritt. "Das ist auch die leichtere Variante für den Konsumenten, um an sein Gift zu kommen", erklärte der Strafverteidiger.

Für die Growshops ergibt sich daraus ein Problem: Den Geschäften, die Cannabisstecklinge verkaufen, könnte Beitragstäterschaft unterstellt werden. "Das ist aus meiner Sicht absolut strittig momentan", meint Wolm.