
Wien. Über den Ausgang der Wiener Wahlen kommenden Sonntag möchte Raoul Haspel nicht spekulieren. Sein Projekt "Schweigeminute", das es in den Ö3-Charts auf Anhieb auf Platz eins schaffte und bis dato in 67 Ländern gekauft wurde, sieht er als Chance, jenseits der Tagespolitik Menschen zu erreichen. Als Appell an die Menschlichkeit auch bei jenen, die den Flüchtlingen mit Sorge, Angst oder gar Ablehnung gegenüberstehen. An jene, die vergangenen Samstag nicht auf den Wiener Heldenplatz gekommen waren, als beim Konzert "Voices for Refugees" Hunderttausende während seiner Schweigeminute für ein eindringliches Zeichen der Zivilgesellschaft sorgten.
Vor allem die Polarisierung in den sozialen Medien - hier die Flüchtlings-Unterstützer, dort die Hassposter - führe bei vielen zu einer falschen politischen Haltung. "Ganz klar: Hetze und Rassismus sind nicht zu tolerieren, dürfen auch nicht unsanktioniert bleiben. Aber so viele fühlen sich im Stich gelassen, sie werden von den regierenden Parteien fürchterlich falsch vertreten." Wir würden keine Spaltung der Gesellschaft erleben. Viel eher müsse es in gesellschaftlichen Entwicklungsprozessen "Rückschritte geben, damit dann die nächsten Schritte wieder nötig werden".
Vermeidet den Begriff "Flüchtling"
Das Wort "Flüchtling" vermeidet der Medienkünstler wenn möglich. Es sei inzwischen Teil einer durch die massive mediale Präsenz negativ aufgeladenen Terminologie. "Die Medien liefern massenhaft Bilder, da reicht oft dieses Trigger-Wort, um sofort alle Ängste freizusetzen, die dann als Rechtfertigung für Maßnahmen wie Grenzzäune und Kontrollen dienen." "Flüchtling", meint Haspel, das klinge inzwischen wie "Verbrecher", nicht nach einem Menschen, der vor Verbrechen davonläuft. "Vor Krieg und Not geflüchtete Menschen", sagt Haspel, wenn er von Flüchtlingen spricht.
So möchte der Künstler sensibilisieren, Bewusstsein schaffen. Die "Schweigeminute" ist für ihn vor allem ein niederschwelliges Angebot. "Ich hoffe, dass im TV und bei den Journalisten dieser Moment so angekommen ist, wie wir ihn live erlebt haben."