Wien. Immer weniger Menschen zieht es hinter Klostermauern. Wurden im Jahr 1970 in Österreich 13.797 Ordensfrauen gezählt, so waren es im Jahr 2015 nur noch 3643, davon mehr als die Hälfte, nämlich 1992 bereits über 75 Jahre alt. Die Zahl der Ordensmänner ist von 3334 im Jahr 1985 auf 1696 im Jahr 2015 gesunken, wobei hier der Anteil der Über-75-Jährigen - es sind 404 - nicht so dramatisch hoch ist. Diese Zahlen wurden am Mittwoch von der Vereinigung der Frauenorden Österreichs und von der Superiorenkonferenz der männlichen Orden Österreichs in Wien vorgestellt.
"Zahlen sind nicht die ganze Wahrheit, aber sie haben eine Aussage", erklärte dazu die Präsidentin der Frauenorden, Schwester Beatrix Mayrhofer. Sie und Schwester Cordis Feuerstein, Generalsekretärin der Frauenorden, verwiesen darauf, dass soziale Aufgaben, für die früher Orden gegründet wurden, weitgehend von der öffentlichen Hand übernommen wurden.
Soziale Aufgaben zunehmend in öffentlicher Hand
Der Anteil der Ordensfrauen, deren Fokus auf Krankenpflege, Schulen sowie karitativer und sozialer Arbeit liegt, beträgt zwar insgesamt noch 89 Prozent, geht aber deutlich zurück. Von den Schwestern unter 40 Jahren gehört bereits mehr als ein Drittel einem Klausurorden oder "beschaulichen Orden" an.
Superiorenkonferenz-Generalsekretär Franz Helm sieht in einer immer stärker beschleunigten Gesellschaft einen Gegentrend zur Kontemplation, aber auch zur Internationalisierung, der sich in Einsätze von Ordensleuten in anderen Ländern und Erdteilen niederschlage.
Abtpräses Christian Haidinger, Vorsitzender der Superiorenkonferenz, ortet im Hinblick auf das "lange Lineal der Geschichte" ein ständiges Auf und Ab. In seinem Stammkloster Kremsmünster gab es im 17. Jahrhundert einmal nur drei Mönche, etwa 100 Jahre später eine Rekordzahl von 135. In Deutschland mussten jüngst Klöster geschlossen werden, weltweit entstehen aber immer wieder neue, auch in Österreich - etwa in Roggendorf oder St. Gilgen. Haidinger sieht auch "wertvolle Impulse" durch Papst Franziskus. Beatrix Mayerhofer betonte, dass viele Ordensgemeinschaften des 1. Jahrtausends nicht mehr bestehen, dafür seien neue entstanden. Es komme nicht auf die einzelne Gemeinschaft an: "Es geht nicht um uns, sondern darum, dass das Evangelium weiterlebt."
Derzeit gibt es in Österreich 105 Ordensgemeinschaften für Frauen und 87 für Männer. Die 232 österreichischen Ordensschulen, die rund 50.000 Schüler betreuen, sowie die 24 katholischen und vier evangelischen Ordensspitäler mit rund 20.000 Mitarbeitern und etwa 515.000 Patienten pro Jahr seien nicht in ihrem Bestand gefährdet, betonten Haidinger und Helm. Dort, wo das Personal aus den Orden abnehme, würden diese Einrichtungen möglichst im Geist des Ordens weitergeführt.
Orden zeigen Engagement für Flüchtlinge
Aktuell engagieren sich die Orden auch, mehr als die Öffentlichkeit oft wahrnimmt, in der Flüchtlingsfrage sowie im österreichischen Zweig der internationalen Initiative "Solwodi" (Solidarity with women in distress - Solidarität mit Frauen in Not), die gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung von Frauen aktiv ist.