Graz. (del) Am Donnerstag erging am Grazer Straflandesgericht das erste Urteil in den derzeit laufenden Dschihadisten-Prozessen. Fikret B. wurde zu acht Jahren unbedingter Haft verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Laut Anklage soll er versucht haben, sich der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in Syrien anzuschließen. Außerdem soll er einen Bekannten für den IS angeworben haben.

Der 49-jährige gebürtige Bosnier soll sich gezielt darauf vorbereitet haben, im Sommer 2014 mit seiner Frau und seiner Tochter nach Syrien zu reisen. Er wurde allerdings in der Türkei gestoppt und schließlich in Kroatien festgenommen. Gegen ihn lag damals schon ein internationaler Haftbefehl vor.

Im Rahmen einer Hausdurchsuchung fanden die Behörden 150 CDs und DVDs sowie IS-Propagandavideos auf dem Computer des Angeklagten. Vor Gericht gab B. an, damit nur Arabisch gelernt haben zu wollen. Bei den Videos handelte es sich allerdings teilweise um brutale Tötungsvideos des IS. "Uns ist ganz schlecht geworden", sagte der Richter bei der Urteilsverkündung am Donnerstag.

Ermittlungshilfe aus New York

Dass es zur Verurteilung kam, liegt auch am Mitwirken der US-Behörden. Datenforensiker hatten dort den Facebook-Account des Angeklagten analysiert und den heimischen Behörden sehr viel Datenmaterial geliefert.

Fikret B. soll etwa mit einem befreundeten IS-Anhänger in Syrien in Kontakt gestanden sein, der ihm ein Haus versprochen haben soll. Er soll zudem geschrieben haben: "Ich habe versucht, in den Urlaub zu kommen, aber sie haben mich in Istanbul zurückgeschickt." Das Wort "Urlaub" sei als Synonym für die Einreise nach Syrien verwendet worden.

Zudem sollen in Postings und Nachrichten immer wieder Gewalt gegenüber "Ungläubigen" thematisiert worden sein und die Gräueltaten des IS verherrlicht worden sein.

Der Angeklagte selbst hat laut APA das Urteil alles andere als stillschweigend angenommen. "Der Krieg ist nie zu Ende", rief er, doch der Richter fuhr fort: "Jeder, der da mittut, gilt als radikal." B. sei in dieser Sache "nicht das unbedeutsamste Rädchen, aber auch nicht das bedeutsamste", räumte der Vorsitzende ein.

Ein deutliches Zeichen für seine Auswanderungspläne nach Syrien sei die Kündigung der Wohnung in Graz gewesen. "Deshalb bin ich Terrorist? Das ist lächerlich. Bravo!", rief der Angeklagte und fing zu klatschen an. In Richtung Senat sagte er: "Machen Sie, was Sie wollen." Da entgegnete der Richter: "Das ist der feine Unterschied, dass man in einem Rechtsstaat eben nicht machen kann, was man will. Archaische oder anarchistische Interpretationen der Scharia haben hier keinen Platz." Als er dem 49-Jährigen nochmals erklärte, dass er acht Jahre Haft verbüßen müsse, entgegnete dieser: "Warum nicht 20?" Abschließend bot ihm der Richter noch eine nachträgliche Haftmilderung an, wenn er bei der weiteren Aufklärung mithelfen würde. Sein Anwalt hat drei Tage Bedenkzeit erbeten.

Hartes Urteil "soll abschrecken"

Mit acht Jahren unbedingter Haft fiel das Urteil streng aus. Das Gesetz sieht für den Anschluss an eine terroristische Organisation Haftstrafen von einem bis zu zehn Jahren vor. Warum das Gericht hier den Strafrahmen sehr hoch angesetzt hat, war auf Nachfrage im Grazer Landesgericht nicht zu erfahren.

"Jede Strafe muss auch abschreckend wirken", erklärt Strafverteidiger Rudolf Meyer gegenüber der "Wiener Zeitung". Damit könnte das Urteil wegweisend für die noch laufenden Prozesse gegen den Hassprediger Mirsad O., den mutmaßlichen IS-Kämpfer Muchbarek T. sowie elf weitere Angeklagten sein, die verdächtigt werden, in Syrien gekämpft zu oder den IS unterstützt zu haben. Sie alle wurden im Rahmen einer Großrazzia in Wien, Graz und Linz Ende 2014 festgenommen.

Dass das strenge Urteil eine abschreckende Wirkung hat, bezweifelt Meyer: "Grundsätzlich schrecken Strafen nur Menschen ab, die überlegt handeln." Bei stark ideologisierten Gesinnungstätern hätten sie kaum eine Wirkung. Lange und harte Haftstrafen könnten höchstens "noch Unentschlossene" abschrecken. "Der Propaganda-Krieg wird sehr schwer zu gewinnen sein", so Meyer. Anderseits gehe es auch darum, gefährliche Angeklagte zumindest eine Zeit lang aus dem Verkehr zu ziehen.