Wien. "Im besten Fall brauche ich eine halbe Stunde, bevor ich einschlafen kann." So beschreibt Alex G., 34, eine gute Nacht. Leider kommen solche Nächte nur selten vor. In der Regel braucht sie bis zu zwei Stunden, um einzuschlafen. "Ich liege nur so da in meinem Bett, aber der Schlaf kommt einfach nicht", erzählt sie verärgert und verlegen zugleich. Das habe auch Auswirkungen auf ihren Alltag. Sie könne sich weder bei ihrem Job in der Hotellerie noch beim Studium der Soziologie und Anthropologie konzentrieren, sei launisch, oft grantig und habe Black-Outs. "Man ist einfach extrem übermüdet und kann seine Energie nicht fokussieren."

Alex G. leidet an Schlafstörungen. Sie ist nicht alleine. Laut der Österreichischen Gesellschaft für Schlafmedizin und Schlafforschung leidet jeder vierte Österreicher an einer von 97 verschiedenen Schlafstörungen. Das sind weit mehr als zwei Millionen Menschen.

Schnarchen und Atemstillstände


Heute ist Weltschlaftag, ein 2008 von der World Association of Sleep Medicine ausgerufener Gedenktag, der auf das Thema Schlafstörung aufmerksam machen soll. In Österreich kommen Schnarchen, Schlafapnoen (Atemstillstände während des Schlafes) und sogenannte anpassungsbedingte Schlafstörungen am häufigsten vor. Letzteres bedeutet, dass man auf Grund einer psychischen oder physischen Belastung nicht ein- oder durchschlafen kann. Das ist so "normal" geworden, dass Menschen gar nicht zum Arzt gehen. "Wenn man Probleme mit dem Blutzucker hat, lässt man sich auch untersuchen", sagt Bernd Saletu, Leiter des Schlaflabors des Rudolfinerhauses. Man sollte Schlafstörungen ebenfalls diagnostizieren lassen, sagt er.

Saletu sitzt im kleinen Überwachungsraum des Schlaflabors, Alex G. ihm gegenüber. Bereits im Alter vom 19 begannen bei ihr die Schlafstörungen. Saletus Erstdiagnose lautet, dass sie vermutlich an sieben verschiedenen Störungen leide, darunter Insomnie (Schlafmangel), Restless-Legs-Syndrom (ein Bewegungsdrang in den Beinen), an anpassungsbedingter Schlafstörung und Pavor Nocturnus (nächtlicher Aufschrei). Alles Störungen, die häufig in der Bevölkerung vorkommen. Man kann und soll sie behandeln, rät Saletu.

Er ist einer von nur zehn zertifizierten Somnologen - also Schlafärzten -in Österreich. Saletu machte 1975 das erste Schlaflabor in Österreich im Wiener AKH auf. Mittlerweile gibt es 33 Labors in Österreich. Doch das sei immer noch zu wenig, sagt er. Die Schlaflabors seien in der Regel sechs Monate bis zu einem Jahr im Voraus ausgebucht.

Keine futuristische Einrichtung


Alex G. muss sich noch einen Monat lang gedulden, bis sie ins Schlaflabor darf. Das ist keine futuristische Einrichtung. Das sind einfache Patientenzimmer mit einem Bett und vielen Messgeräten. Dem Patienten werden ein Dutzend Kabeln auf den Körper geklebt. Acht davon auf den Kopf, um Hirnströmungen zu messen. Der Rest wird an den Gliedmaßen angebracht. Ein Sensor am Finger misst die Sauerstoffsättigung des Blutes. Ein Gürtel wird auf die Brust und einer auf den Bauch gelegt. Sie messen die Atmung. Der Patient verbringt zwei bis drei Nächte in diesem Raum. Alle Daten und Messwerte der Schlafphase werden an die Computer nebenan gesendet. Anhand von diesen Daten wird herausgefunden, wo genau die Ursache für die Schlafstörung liegt. Saletu vergleicht Schlaflabors gerne mit Blutdruckmessgeräte. "Man muss zuerst einmal messen, ob zu viel oder zu wenig von einer Sache vorhanden ist, bevor man behandeln kann", so Saletu.

Messwerte bedeuten Lösungen für Alex G. Mehrere verschiedene Behandlungsansätze stehen zur Verfügung, unter anderem psychische oder medikamentöse Therapien. Alex G. ist für alles offen, sagt sie. Weder Lavendel- und Zirben-Düfte (die sehr schlaffördernd wirken sollen) noch Yoga hätten ihr wirklich geholfen. Nicht einmal das Glas Wein vor dem Schlafengehen. "Alkohol hilft zwar einzuschlafen, aber er weckt in der zweiten Nachthälfte auf und verursacht erst recht Schlafstörungen", sagt Saletu. "Und er führt in die Abhängigkeit. Man muss Probleme lösen und nicht neue schaffen."