Wien. Es bringt einen hohen Ertrag bei geringem Flächenbedarf, ist geschmacksneutral, hitzebeständig, lange haltbar - und dadurch fast überall einsetzbar. Wenig verwunderlich also, dass sich die Produktion von Palmöl laut Statista von 14 Millionen Tonnen Anfang der 90er auf heute 60 Millionen Tonnen mehr als vervierfacht hat. Mit 30 Prozent Marktanteil ist es mittlerweile das meistgenutzte Pflanzenöl der Welt und nicht mehr nur in Biokraftstoffen, sondern auch in Lebensmitteln, Seife und Kosmetika zu finden. Kein anderes Pflanzenöl ist günstiger als Palmöl: Zuletzt kostete eine Tonne rund 600 Euro, Kokosöl mehr als das Doppelte. Es wäre aber wohl zu einfach, wäre Palmöl nicht auch problembehaftet: Kritiker warnen vor schwerwiegenden ökologischen Folgen für die Umwelt und vor Ausbeutung durch schlechte Arbeitsbedingungen.

Mit dem steigenden Verbrauch des rotbraunen Öls häuft sich der Protest dagegen. In Österreich wurde es zuletzt ein Fall für das Parlament: Das Team Stronach brachte eine Dringliche Anfrage ein und forderte eine Forcierung der heimischen Lebensmittelproduktion gegenüber Palmölimporten und eine Palmölreduktionsstrategie. Nicht nur die Vorwürfe der Kinderarbeit und Menschenrechtsverletzungen in den Herkunfts- und Produktionsländern gehörten hinterfragt, auch die heimische, kleinbäuerliche Landwirtschaft werde vom billigen Rohstoff schwer unter Druck gesetzt, hieß es. Österreich importiere etwa 43.000 Tonnen jährlich, so Abgeordneter Leopold Steinbichler. Jedes zweite Produkt eines Supermarktes enthalte Palmöl.

Biodiesel in Österreich ohne Palmöl

Als Alternative könnte man heimisches Butterfett verwenden, so Steinbichler. Würde man das gesamte Palmöl dadurch ersetzen, würde der Kuhbestand in Europa von 29 um 31 Millionen wachsen.

Den Abgeordneten aller Fraktionen scheint bewusst, dass der massive Einsatz von Palmöl problematisch ist, wie die Reaktionen auf die Dringliche Anfrage zeigten. Während sich etwa die SPÖ ein Verbot vorstellen kann, setzt die ÖVP auf die Sensibilisierung der Konsumenten und Produzenten. Die Grünen schlugen eine Palmölsteuer vor.

Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) versuchte indes zu beschwichtigen. In der Beantwortung der Dringlichen Anfrage führte er an, dass der Trend der Exporte nach Österreich rückläufig sei. Im heimischen Biodiesel werde kein Palmöl beigemengt, betonte er. Den Preisverfall landwirtschaftlicher Produkte in Österreich auf Palmöl zurückzuführen, sei falsch. Und Butter komme ohnehin vermehrt zum Einsatz.

Eine Palmölreduktionsstrategie will Rupprechter daher nicht erarbeiten. Vielmehr warnte er vor einer Abschottung Österreichs am Agrarsektor. Und die Vorwürfe der Kinderarbeit und Menschenrechtsverletzungen in den Herkunftsländern von Palmöl? Darauf gebe es keine Hinweise, so Rupprechter.

Amnesty International (AI) sieht das anders. Eine von der Menschenrechtsorganisation durchgeführte Studie über die Palmölproduktion in Indonesien zeigte im Vormonat auf, dass Minderjährige mit ihren Eltern auf den Plantagen arbeiten -"für einen Hungerlohn", so AI. Kritik erfolgte auch am Konzern Wilmar International, seines Zeichens größter Vertreiber von Palmöl und einer der größten Agrarkonzerne der Welt, und seinen Abnehmern: Großkonzerne mit einem Gesamtumsatz im dreistelligen Milliardenbereich. "Ungeachtet der Versprechen an ihre Konsumenten, es gebe keine Ausbeutung in der Palmöllieferkette, profitieren große Marken weiterhin von erschütternden Missbräuchen", so AI.

Diese seien vielgestaltig und hätten sich aus der Befragung von 120 Plantagenarbeitern ergeben. Die Arbeiter seien durch die Zielvorgaben der Firmen zu extrem langen Arbeitszeiten gezwungen, ihre Kinder würden bereits im Alter von acht bis 14 Jahren gefährliche, harte Arbeit leisten und dafür mitunter die Schule abbrechen. Auch das von der EU verbotene Herbizid Paraquat werde eingesetzt. Laut AI könnten die meisten der dokumentierten Zustände strafrechtlich verfolgt werden. Man habe die indonesischen Behörden aufgefordert, Ermittlungen einzuleiten.

Dass für den Anbau der Ölpalmen Regenwälder gerodet und abgebrannt werden, sorgt wiederum bei den Umweltschützern für Kritik. Denn mit den Regenwäldern schwinden die Lebensräume für Tiere wie Orang-Utans, Borneo-Zwergelefanten oder Sumatra-Tiger.

Einen geeigneten Ersatz für Palmöl zu finden, ist aber offenbar schwierig. Im Zuge einer Studie stellte der WWF dieses Jahr fest, dass der simple Austausch von Palmöl durch andere Öle die Probleme sogar verschlimmern könnte. Denn für Kokos-, Soja- und Rapsöl benötige man noch weitaus größere Anbauflächen. Dafür müsste im tropischen Gürtel weiterer Regenwald abgebrannt werden, wodurch mehr Kohlendioxid freigesetzt und so der Treibhauseffekt verstärkt würde.

Konsumenten müssten vielmehr ihr Verhalten ändern und zum Beispiel weniger Fertiggerichte und Knabberwaren kaufen, hieß es. Palmöl sollte auch nicht mehr in Biokraftstoffen verwendet werden.

Der Verkehrsclub Österreich sieht es ähnlich und fordert eine umfassende Änderung der EU-Biotreibstoff-Politik. Um die Klimaziele von Paris erreichen zu können und den Verkehr bis 2050 unabhängig von Erdöl und anderen fossilen Energieträgern zu machen, müsse man vielmehr vermehrt auf Elektromobilität umsteigen und das Öffentliche Verkehrsnetz ausbauen.