Wien. Ein langer, einsamer Holzsteg ragt ins türkisblaue Wasser. Die frischgemähte grüne Wiese am Seeufer ist fast leer, nur eine Handvoll Badegäste liegen mit entsprechendem Respektabstand auf ihren Liegestühlen. Ein Schild besagt per Aufschrift: "Zutritt nur für Yachtklub-Mitglieder". Vielerorts ist der Zutritt zu Österreichs Badeseen exklusiv und damit für Badegäste geschlossen oder nur gegen Bezahlung möglich.

Ein berühmtes Beispiel hierfür ist der Wörthersee in Kärnten. Rund um den See reihen sich Hotelanlagen, Ferienwohnungen und private Gärten, Freibäder und Wasserparks aneinander. Öffentlich zugängliche, kostenlose Badeplätze muss man hier länger suchen. Und im Hochsommer sind sie meist maßlos überfüllt.

Die Hälfte des 45 Kilometer langen Seeufers ist verbaut. Rund ein Drittel ist menschlich beeinflusst, etwa durch Bootsstege oder Aufschüttungen. "Nur 23 Prozent des Seeufers sind naturbelassen", sagt Thomas Friedl, Leiter der Unterabteilung des für Wasserwirtschaft zuständigen Magistratsbereichs für Wasserwirtschaft in Kärnten. Aber: "Naturufer heißt nicht zwangsläufig freier Zugang." Im Schnitt, so Friedl, könne man sagen, dass sich alle 30 Meter ein Einbau wie zum Beispiel ein Steg befinde.

Der See befindet sich seit 2001 im Besitz der Bundesforste. "Wir sind bemüht, so viel Seeufer wie möglich der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen", sagt die Sprecherin der Bundesforste, Pia Buchner. Viele der noch immer sehr begehrten Seegrundstücke wurden aber weit vor den Nuller-Jahren verkauft. Der Verkaufspreis für ein Stück Land direkt am Wasser beginnt heute bei 6000 Euro. Grundstücke in zweiter Reihe kosten um ein Vielfaches weniger.

200 Kilometer naturbelassenes Ufer

Wem gehören Österreichs Badeseen und wer darf sie nutzen? Rund 70 Prozent der heimischen Seen gehören den Bundesforsten, also der Republik Österreich. Dann ist noch eine Vielzahl an Seen in Besitz der angrenzenden Gemeinden oder Bundesländer. Und eine Handvoll, wie zum Beispiel der Mondsee und der Neusiedler See, sind in Privatbesitz. Der Bodensee wiederum gehört einem Konsortium der umliegenden Länder.

Vielerorts ist der Verbauungsgrad sehr hoch, wie etwa am Wörthersee oder am Wolfgangsee im Salzkammergut. Es gibt insgesamt 42 öffentliche, frei und kostenlos zugängliche Badeplätze an den Bundesforstseen. 200 Kilometer sind nach wie vor naturbelassenes Seeufer, so Buchner.

In Italien oder Griechenland zum Beispiel gehört der Strand per Gesetz der Allgemeinheit und der Zugang muss frei sein. Wer in österreichischen See baden darf, hängt ganz davon ab, wem der See gehört. Bei öffentlichen Gewässern gilt der sogenannte "große Gemeingebrauch". Das bedeutet, man darf hier baden, tauchen, waschen, die Eisdecke benutzen und sein Vieh tränken. Das bedeutet allerdings nicht, dass man das an jeder Uferstelle tun darf. Seegrundstückbesitzer haben das Recht, den Zutritt zum Wasser auf ihrem Stück Land einzuschränken.

Bei Seen, die sich in Privatbesitz befinden, ist der Gesetzgeber nicht ganz so streng. Da gilt nur der "kleine Gemeingebrauch", das sich nur auf Trinken und Schöpfen beschränkt. Schwimmen lassen muss man dort niemanden. Das sind der Mondsee im Salzkammergut, er gehört Nicolette Waechter, die den See von ihren Vorfahren geerbt hat. Und der Neusiedler See, der wiederum der Familie Esterhazy gehört.

Freier Seezugang per Masterplan gefordert

Im Burgenland wird gerade intensiv über die Nutzung des Neusiedler Sees diskutiert. Konkret soll der freie Zutritt zum See durch eine Staatszielbestimmung abgesichert werden. Das soll übrigens für alle Seen im Bundesland gelten. Im Rahmen des "Masterplan Neusiedler See" wurde unter anderem eine Umfrage über die künftige Nutzung der Seen in Auftrag gegeben.

75 Prozent der 2165 Befragten sprachen sich dabei für die Erhaltung beziehungsweise für die Schaffung des öffentlichen Seezugangs aus. 83 Prozent wünschen sich einen unverbauten Blick auf den See; 82 Prozent lehnen große Bauprojekte im Schilfgürtel ab. Richtig verbaut ist der Neusiedler See ohnehin nicht. Der Bebauungsgrad beträgt lediglich zwei Prozent der Uferfläche. Der See ist Unesco-Weltkulturerbe und der überwiegende Teil ist naturgeschütztes Schilfland, in dem zahlreiche Vogelarten, Frösche und Insekten nisten.

Der Grund, warum man den offenen Zugang nun rechtlich verankern wolle: "Die Begehrlichkeiten werden immer größer", sagt Herbert Oschep, Sprecher von Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ), zur "Wiener Zeitung".

In der Gemeinde Neusiedl am See hat man zum Beispiel das Baurecht für ein 6000 Quadratmeter großes Grundstück direkt am Wasser zurückgekauft. Und damit den Bau eines 14 Meter hohen Luxushotels verhindert.

Bis zum nächsten Sommer soll der "Masterplan Neusiedl" fertig sein und der freie Seezugang rechtlich garantiert sein. Der Verfassungsdienst des Bundeslandes prüft das Vorhaben gerade. Es würden auch schon Gespräche mit Grundstücksbesitzern geführt. Enteignungen seien jedenfalls kein Thema und rechtlich sowieso nicht möglich.