Marrakesch. Die internationale Staatengemeinschaft hat am Montag in Marrakesch den UNO-Migrationspakt offiziell angenommen. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres nannte das Vertragswerk in einer Rede vor Vertretern aus rund 150 Ländern am Montag eine "Roadmap zur Vermeidung von Leid und Chaos".

Der Pakt umfasst eine Reihe von Leitlinien und Maßnahmen, deren Umsetzung rechtlich nicht bindend ist; im Kern geht es um eine bessere Zusammenarbeit und die Setzung von Standards in der Migrationspolitik weltweit. Österreich und mehrere andere Länder lehnen den Pakt ab.

Historische Vereinbarung

Guterres hat vor der Abstimmung an die Kritiker des UNO-Migrationspaktes appelliert, sich doch noch den Leitlinien zur Bewältigung der weltweiten Migration anzuschließen. "Ich kann nur hoffen, dass sie den Wert des Paktes für ihre eigenen Gesellschaften sehen werden und sich unserem gemeinsamen Unternehmen anschließen", sagte Guterres bei der Eröffnung der UNO-Konferenz zur Annahme des Dokuments am Montag in Marrakesch. Er betonte auch die "Masse an Falschinformationen", die über den Pakt kursierten.

Der UNO-Migrationspakt ist die erste Vereinbarung für globale Leitlinien der Migration. Auf seiner Basis soll die internationale Zusammenarbeit verbessert werden, um stärker gegen illegale und ungeordnete Migration vorzugehen und Migration sicherer für die Menschen zu machen.

Angst um Souveränitätsverlust

Obwohl das Dokument ausdrücklich die geltende Souveränität der Mitgliedstaaten betont, fürchten einige Länder um ihre nationale Entscheidungshoheit. Vor allem von rechten und migrationskritischen Regierungen geführte EU-Staaten rückten dann aber wieder davon ab und kritisieren unter anderem, dass er zu mehr Migration führen könnte. Auch Österreich hat dem Migrationspakt eine Absage erteilt. Zudem wollen unter anderem auch Ungarn, Tschechien, Polen, Israel und Australien nicht mitmachen. Kritiker fürchten, es drohe eine Vermischung von Arbeitsmigration und Asyl. In Belgien ist am Sonntag die Koalitionsregierung am Streit um den Migrationspakt zerbrochen.

  Kneissl steht zu Enthaltung Österreichs

Außenministerin Kneissl steht indessen zur Enthaltung Österreichs beim UNO-Migrationspakt. Jeder Staat treffe hier seine souveräne Entscheidung, sagte sie. "Ich halte mich an die Nichteinmischung" in die inneren Angelegenheiten anderer Länder. Befragt, ob Österreich mit seiner Haltung eine unkontrollierbare Entwicklung eingeleitet und in der EU etwas angezündet habe und nun auch die belgische Regierung über den Migrationspakt stürzte, sagte Kneissl, "die Debatte geht weit über die EU hinaus". Sie verwies auf das Beispiel Israel, die auch nicht mitmachten. Dies sei ein Thema, das viele Staaten bewege. Außerdem, "als die politische Debatte im Sommer in Österreich begann, war in keiner Weise absehbar, wie sich die Dinge entwickeln würden". Im Migrationspakt "haben wir mit einigen Punkten Probleme, mit anderen finden wir uns wieder. Deshalb werden wir uns enthalten".

Auf die Frage, ob sie dafür sei, den Flüchtlingsbegriff neu zu definieren, zeigte sich Kneissl skeptisch. "Das ist eine Debatte, die wir schon lange aus akademischer Sicht kennen." Die Genfer Flüchtlingskonvention aus den 1950er-Jahren sei wie viele andere Instrumente ein Kind ihrer Zeit. Das ist in einem bestimmten politischen Zusammenhang entstanden. Aber für uns sind universal anerkannte Normen etwas ganz Entscheidendes. Hier würde ich rein akademisch nicht etwas neu aufmachen", so die Ministerin.

Der Präsident des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes, Peter Maurer, den Kneissl zum EU-Außenrat eingeladen hatte, erklärte, der UNO-Migrationspakt sei natürlich ein wichtiger diplomatischer Bezugspunkt. Mehr als 19 Länder hätten ihn ausgearbeitet. Einige Themen seien darin enthalten, die das IKRK stark befürworte wie die Inhaftierung minderjähriger Migranten. Letztlich sei es den Staaten überlassen, das zu beurteilen. "Wir unterstützen den Migrationspakt."