Vunidogoloa. "Hier stand mein Haus. Es war ein sehr schönes Haus", sagt Sailosi Ramatu. Der 58-Jährige steht auf den Grundmauern seiner alten Unterkunft - und bis zu den Waden im Südpazifik. Seinen beiden Enkelkindern reicht das Wasser sogar bis über die Knie. Der Klimawandel hat dem Fidschianer sein Haus, seine Heimat und einen Teil seiner Identität genommen. Weil steigende Temperaturen den Meeresspiegel immer schneller ansteigen lassen, war Ramatus Zuhause wohl das erste Dorf der Welt, das wegen des Klimawandels umgesiedelt werden musste. Doch allein auf den Fidschi-Inseln müssen in den nächsten Jahren bis zu 800 Siedlungen den steigenden Pegeln weichen. Auf der UN-Klimakonferenz im polnischen Katowice wird derzeit auch darüber verhandelt, wie arme Länder bei klimawandelbedingten Umsiedlungen unterstützt werden können.
"Ich und alle meine Vorfahren haben am und vom Meer gelebt. Aber jetzt geht das nicht mehr. Es ist zu gefährlich geworden", sagt Sailosi Ramatu, während er auf dem Fundament seines alten Hauses steht. Fast jeden Tag kehrt er dorthin zurück, von wo das Wasser ihn und die rund 150 Einwohner seines Dorfes vor vier Jahren vertrieben hat. "Unsere Häuser wurden zuletzt schon bei kleineren Sturmfluten immer wieder überschwemmt. Jedes Jahr holte das Meer sich mehr Land, und die Böden versalzten so stark, dass hier kaum noch etwas wuchs", berichtet Ramatu, der zuvor bereits drei Mal innerhalb des alten Dorfes umgezogen war. Jedes Mal ein bisschen weiter weg vom Strand, doch jedes Mal folgte das Wasser. Schließlich kapitulierten die Bewohner von Vunidogoloa und beschlossen, ihr Dorf aufzugeben und rund drei Kilometer entfernt an einem höher gelegenen Hang Vunidogoloa II zu bauen.

"Vor allem die Älteren wollten lieber mit ihrem alten Dorf untergehen, anstatt woanders neu anzufangen. Aber wir haben niemanden zurückgelassen. Als wir das letzte Mal in unserem alten Dorf zusammen Gottesdienst gefeiert haben, wurde viel geweint", erzählt der Dorfvorsteher, als er an den Ruinen seines alten Dorfes vorbeigeht. Das Meer und tropische Stürme haben hier Fundamente unterspült, Mauern einstürzen lassen und Dächer abgedeckt. Hohes Gras überwuchert die Ruinen, über dem Ort liegt eine gespenstische Stille.
Die letzte Zuflucht
Wenn Ramatu von Vunidogoloa I, dem einst idyllisch am Meer, jetzt teilweise traurig im Meer gelegenen Dorf, erzählt, mischt sich Wut in die Melancholie seiner Stimme. "Wir haben den Klimawandel nicht verursacht, aber wir müssen die Rechnung dafür zahlen", donnert der sonst so besonnene Mann. Ein Drittel der Kosten für den Bau des neuen Dorfes mussten die Bewohner selbst tragen, zwei Drittel übernahm die fidschianische Regierung.