Buenos Aires. (wak) Zwei frühere Verantwortliche des Autobauers Ford sind wegen Unterstützung der Militärdiktatur in Argentinien zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Ein Gericht in Buenos Aires verhängte am Dienstag zwölf und zehn Jahre Haft gegen die Verantwortlichen Hector S., inzwischen 90 Jahre alt, und Pedro M., nunmehr 86 Jahre alt. Beide hatten damals eine Fabrik des Autobauers nahe Buenos Aires geleitet.

Ihnen wird vorgeworfen, die Inhaftierung und Folter von 24 Arbeitern während der Diktatur ermöglicht zu haben. Es ist das erste Mal, dass Verantwortliche eines multinationalen Konzerns dafür verurteilt werden, mit der Militärjunta zusammengearbeitet zu haben. Die Verurteilten kündigten Berufung an. Die Diktatur in Argentinien dauerte von 1976 bis 1983.

Es sind zwar schon rund 1000 der ehemaligen Militäroffiziere der Junta in Haft, doch das Urteil vom Dienstag war das erste seiner Art. Dieses Gerichtsverfahren dauerte genau ein Jahr.

Pedro M. war ein Manager bei General Pacheco Fabrik, Hector S. war ein Sicherheitsmitarbeiter.

Listen mit Adressen und Fotos

Zeugen sagten bei dem Prozess aus, dass die beiden die Militärjunta mit Listen, Adressen, und Fotos von Arbeitern versorgt haben, die sie verhaftet wissen wollten. M. und S. haben sogar für die Militärjunta Räumlichkeiten in der Fabrik eingerichtet, damit die von der Junta Verschleppten dort illegal befragt und angehalten werden konnten. "Das Unternehmen hat sich mit dem Militär koordiniert und abgestimmt", erklärte die Anklage.

Auch der ehemalige General Santiago R., der für die Folter in der Fabrik auf Militärseite verantwortlich war, ist bei dem gleichen Prozess zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Wie der "Guardian" berichtet, dürfen die drei Verurteilten aufgrund des fortgeschrittenen Alters ihre Haftstrafe als Hausarrest verbüßen.

Bei dem Prozess ging die Anklage davon aus, dass die Fabrik sogar als heimliche Haftanstalt der Junta gedient hat. "Die Mehrheit der Verschleppten wurde direkt am Förderband gekidnappt", sagte Tomás Ojea Quintana, einer der Anwälte der Kläger. Die Arbeiter wurden von Militärs mit dem Gewehr im Anschlag weggebracht und vor den anderen Arbeitern vorgeführt, damit diese sehen können, was aus ihren Gewerkschaftsvertretern wurde. Das hat zu einer Atmosphäre der Angst am Arbeitsplatz geführt und dazu, dass sich niemand mehr traute, sich über seinen Lohn oder über die Arbeitsbedingungen zu beschweren.

Die gekidnappten Angestellten wurden laut Zeugenaussage sofort von ihrem Arbeitgeber entlassen, manchmal zeitgleich, während sie auf dem Fabriksgelände noch gefoltert wurden.

Bis zu zwei Jahre festgehalten

Der ehemalige Angestellte Carlos Proparto erinnerte bei dem Prozess, wie er elf Stunden lang auf dem Gelände gefoltert wurde. Alle 24 verschleppten Angestellten wurden später zu einer Polizeistation oder zu Bundesgefängnissen gebracht, wo sie ohne Prozess bis zu zwei Jahre festgehalten wurden.

Wieso hat es so lange gedauert, bis den Ford-Verantwortlichen ein Prozess gemacht wurde? Gegen die Ford-Fabrik wurden die Anklagen schon 1984 erhoben, als die Demokratie in Argentinien wieder Einzug hielt. Aber die Gerichtsverfahren wurden durch weitreichende Amnestie-Gesetze gestoppt, die das Parlament 1986 und 1987 verabschiedet hatte. Diese Amnestie-Gesetze wiederum wurden - 2003 - gekippt.

Ein Urteil des Obersten Gerichtshof 2005 hat die Annullierung der Amnestie bestätigt. Im darauffolgenden Jahr hat die gerichtliche Aufarbeitung begonnen.

Die argentinischen Kläger lassen es sich noch offen, ob sie den Autobauer Ford auch in den USA klagen werden. "Ford Motor hatte die Kontrolle über die argentinische Tochter in den 1970er Jahren. Deswegen gibt es eine direkte Verantwortung", erklärte Anwalt Quintana.