Bagdad/Basra. Es gibt tatsächlich Frauen im ersten Frauencafé von Basra. Bei jedem Besuch sitzt mindestens eine Frau in dem kleinen Gastraum, der nur acht Tische aufweist. Meist sind es mehrere. Auch mit Kindern. Der Kaffee hier sei gut und die Atmosphäre entspannt, sagen die weiblichen Gäste einhellig, als Frau fühle man sich nicht deplatziert wie sonst. Das Café mit dem Frauennamen Fayruz liegt ein wenig versteckt in einer Seitenstraße der bekannten Einkaufsstraße "Jazar", mitten im Zentrum von Iraks zweitgrößter Stadt, 550 Kilometer südlich von Bagdad. Fast vier Millionen Menschen leben inzwischen in Basra, und Fayruz ist das erste Café, in das auch Frauen kommen. Ja, Sie haben richtig verstanden: ein Coffeeshop, in dem auch Frauen willkommen sind. Was in Europa keiner Erwähnung bedarf, ist für den muslimisch konservativen Irak noch eine Besonderheit. Denn in den herkömmlichen Cafés, wo übrigens zumeist Tee ausgeschenkt wird, sitzen nur Männer.
"Keine Brettspiele"
"Wir haben keine Wasserpfeifen wie in klassischen Männercafés", erklärt der Besitzer die zunehmende Präsenz von Frauen, "keine Tjai khane", wie die kleinen Teegläschen genannt werden, "keine Dominospiele oder sonstige Brettspiele, die Männer im Orient gerne spielen." Stattdessen hat Mohammed Abdul Ameer Bücherregale, voll bepackt mit Literatur, die im Café gelesen oder auch käuflich erworben werden kann. Ein Buch sticht sofort ins Auge: ein schwarzes Cover mit einem finster dreinblickenden Mann, der einen schwarzen Schleier um sein Haar geschlungen hat. "Wie töte ich eine Frau ohne Spuren zu hinterlassen", so der reißerische Titel. Doch der Inhalt ist Liebeslyrik vom feinsten. Abdelaziz Hussein schreibt: "Liebe ist die Geschichte der Frau." Kellner Mahdi hat es gelesen und regt sich darüber auf, dass der Titel nur zum Kauf animieren soll, "mit derart billigen Methoden". Doch Husseins Buch ist ein Renner im Irak. Auch in Bagdad auf der Buchmesse Mitte Februar lag es an mehreren Ständen aus und wurde gut verkauft, wie die Händler bestätigten. Widersprüche im Geschlechterkampf: ein Thema auch zwischen Euphrat und Tigris.
Bis jetzt habe er bewusst keine Frauen im Service eingestellt, sagt der 29-jährige Kaffeehausbesitzer. Er wolle nicht, dass sie vielleicht dumm angemacht werden. "Viele Leute, besonders die Nachbarn hier, waren misstrauisch, als es hieß, ein Café auch für Frauen werde eröffnet." Er habe deshalb große Glasfenster installieren lassen, dass jeder sehen kann, was im Inneren vor sich geht. "Das schafft Vertrauen." Er selbst ist erst seit 2012 in Basra. Als in seinem Mutterland Syrien der Bürgerkrieg ausbrach, floh Mohammed in die Geburtsstadt seines Vaters. Am Anfang war es schwer für ihn. "Damaskus ist offener, freier als Basra." Nach dem Sturz Saddam Husseins haben konservative schiitische Parteien die Macht am Shatt al-Arab übernommen und einen restriktiv religiösen Lebensstil eingeführt, mit schwarz gekleideten Frauen in Abaja und Schleier und strikter Geschlechtertrennung in der Öffentlichkeit.