Die traditionelle Medizin ist in China ein riesiger Markt. Mit umgerechnet fast 120 Milliarden Euro im Jahr 2016 macht er laut Xinhua ein Drittel des Umsatzes im Gesundheitssektor aus. Auch zum Schutz vor dem neuen Coronavirus greifen viele Chinesen zu traditionellen Heilmitteln, genauer gesagt zu Shuanghuanglian Das ist eine pflanzliche Lösung, die gegen das Virus helfen soll, es enthält unter anderem Geißblatt. Erkenntnissen der angesehenen chinesischen Akademie der Wissenschaften zufolge soll diese Mixtur das Coronavirus "hemmen" können. Medienberichte darüber lösten einen Sturm auf die Händler aus, inzwischen ist das Mittel auch online ausverkauft.
Doch mittlerweile mahnen staatlichen Medien zur Vorsicht. Traditionelle Medizin solle nicht ohne ärztlichen Rat angewandt werden, hieß es etwa in der "Volkszeitung". Und Zhang Boli, einer der führenden Wissenschaftler bei der Bekämpfung der Epidemie, warnte wiederum im Sender CCTV vor möglichen Nebenwirkungen. Allerdings versucht die chinesische Führung, die traditionelle chinesische Medizin in ihren Kampf gegen das Virus einzubeziehen. So wurden auch TCM-Heilpraktiker nach Wuhan geschickt, um das medizinische Personal in der am stärksten betroffenen Stadt zu unterstützen.
Keine Vorteile durch Kombination
TCM wird seit mehr als 2000 Jahren in China praktiziert und ist in der Volksrepublik bis heute populär. Auch bei der Sars-Epidemie 2002 und 2003 kam die traditionelle Heilkunst ergänzend zur Schulmedizin zum Einsatz. Eine Studie von 2012 kam jedoch zu dem Schluss, die Kombination aus traditioneller und westlicher Heilkunde habe keine Vorteile gebracht. Außerdem sind viele der angebotenen Mittel von fraglicher Qualität und es fehlten wissenschaftliche Standards.
Die chinesische Regierung versuchte in den vergangenen Jahren verstärkt, die traditionelle Heilkunst auch im Ausland zu propagieren. 2016 verkündete sie den Plan, in afrikanischen und südostasiatischen Entwicklungsländern TCM-Zentren zu errichten und Heilpraktiker dorthin zu entsenden. Präsident Xi Jinping nannte TCM einen "Schatz der chinesischen Zivilisation" und forderte, sie gleichberechtigt mit der Schulmedizin einzusetzen. Nach jahrelangem Lobbying nahm die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die traditionelle chinesische Medizin im vergangenen Jahr in den offiziellen Krankheits- und Behandlungskatalog auf. Europäische Wissenschafter kritisierten diese Entscheidung, da TCM nicht evidenzbasiert arbeite. (afp)