Washington. Als sie vom Amoklauf an der Robb Elementary Schule erfuhr, hatte sich Angeli Rose Gomez sofort ins Auto gesetzt und war die 60 Kilometer zur Schule ihrer Kinder in Uvalde gefahren. Dort fand sich Gomez, nachdem sie die Polizisten angebettelt hatte, doch nicht noch länger vor dem Schulgebäude zuzuwarten, allerdings sehr schnell in Handschellen wieder. Die Beamten hatten sie mit dem Vorwurf, eine polizeiliche Operation zu stören, kurzerhand festgenommen.
Als ihr die Handschellen nach einiger Zeit doch wieder abgenommen wurden, entschied sich Gomez, selbst zu handeln. Die junge Frau sprang über den Schulzaun, sprintete ins Gebäude und brachte ihre beiden Kinder aus den Klassenräumen nach draußen und damit in Sicherheit. "Die Polizisten haben gar nichts getan", sagte Gomez dem "Wall Street Journal". "Sie standen nur am Schulzaun herum."
Ganz ähnliche Gesichten erzählen mittlerweile viele andere Eltern, die der Polizei vorwerfen nicht entschlossen genug gegen den 18-jährigen Täter, der in der Robb Elementary School 19 Volksschüler und zwei Lehrerinnen getötet hat, vorgegangen zu sein. "Ich habe einem der Beamten selbst gesagt, wenn sie nicht reingehen wollen, sollen sie mir seine Waffe und eine Weste leihen und ich werde selbst reingehen, um die Sache zu regeln", sagte Victor Luna, dessen Sohn Jayden das Massaker überlebt hat, CNN.
Fehlende Ausrüstung
Die Behörden in Texas hatten zuletzt bestätigt, dass der Schütze rund eine Stunde in dem Klassenzimmer verbracht habe, in dem er die Kinder und Lehrerinnen tötete. Erst dann habe die Polizei den Raum betreten und ihn erschossen. Laut Victor Escalon vom Ministerium für öffentliche Sicherheit in Texas habe der Angreifer am Dienstag um 11.40 Uhr die Schule und schließlich ein Klassenzimmer in der Nähe eines Eingangs betreten. Die Polizei sei binnen Minuten vor Ort gewesen, weil Zeugen den Schützen vor der Schule gesehen hätten.
Auf die Frage, warum die Polizei nicht direkt versucht habe, in den Klassenraum einzudringen, sagte Escalon, es hätte den Polizisten an Spezialausrüstung gefehlt. Die Tür sei "verbarrikadiert" gewesen. Die Polizei hatte dann Verstärkung angefordert und Schulkinder und Lehrkräfte in Sicherheit gebracht. Außerdem hätte sie versucht, mit dem Schützen zu verhandeln. Dieser habe einen Großteil der Schüsse ganz am Anfang abgefeuert. "Während der Verhandlungen wurde nicht viel geschossen, außer dass er versuchte, die Polizisten auf Abstand zu halten", sagte Escalon. Nach einer Stunde seien Spezialkräfte eingetroffen, die den 18-Jährigen erschossen hätten.
Politische Konsequenzen dürfte es aber auch nach diesem Schulamoklauf nicht geben. So hat der seit 2015 amtierende republikanische Gouverneur von Texas, Greg Abbott, zwar seine Teilnahme an der Jahrestagung der mächtigen Waffenlobby-Organisation National Rifle Association (NRA) abgesagt und wollte stattdessen nur eine Videobotschaft schicken. Ex-Präsident Donald Trump, der die Republikaner nach wie vor fest im Griff hat, wollte seine Rede aber wie geplant halten.(rs)