Wien. "Es werden etwa 10.000 Rupien sein", sagt der Mittfünfziger, der mit dem Finanzdienstleister Western Union in der Lugner City sein Geld überweist, "für Freunde", wie er meint. Aber wer genau die umgerechnet 150 Euro in Indien bekommt, das weiß er nicht. Denn wenn jemand etwas braucht, wird er von einem Bekannten kontaktiert und um eine Überweisung gebeten. Ist das Geld eingezahlt, so kann es ein paar Minuten später abgehoben und an die Bedürftigen verteilt werden. Alle zwei bis drei Monate verschickt der gebürtige Inder einen Teil seines hier verdienten Geldes in seine Heimat. Seine Motivation: "Wenn man hier ein besseres Leben hat, warum sollte man anderen nicht helfen."
Kein besonderes
Vertrauen in die Banken
Das denken sich offenbar viele Migranten in Wien. Laut Western Union liegt Österreich weltweit an zehnter Stelle bei den "Remittances" - den Geldüberweisungen von Migranten zurück in ihre Heimat. 2011 sind knapp drei Milliarden Euro aus Österreich ins Ausland geflossen. 2012 waren es weltweit 534 Milliarden. US-Dollar. Für dieses Jahr wird laut Weltbank ein Anstieg von 6,9 Prozent bei den Rücküberweisungen erwartet.
Wie viel Geld tatsächlich in die alte Heimat gebracht wird, lässt sich nicht genau erfassen, da es nicht ausschließlich über Geldinstitute aus Österreich auswandert. Lange wurde vermutet, dass es sich hier um Geldwäsche handelt, aber Experten meinen, dass dies selten der Fall sei.
Warum Migranten ihr Verdientes informell aus dem Land bringen, hat verschiedene Ursachen. Hanna hat ihr Lohn im Gepäck und "gut am Körper versteckt" mit der Bahn in die Ukraine gebracht, um es dort ihrer Familie zu geben. Auch Geschenke werden erwartet, das sei so üblich. Für was ihr hart erarbeitetes Geld ausgegeben wird, interessiert die 60-jährige Putzfrau nicht. Man unterstützt einander einfach. Über ein Geldüberweisungsinstitut verschickt sie nichts, das wäre ihr viel zu teuer. Persönlich das Geld vorbeizubringen, sei auch schöner.
In der ex-jugoslawischen Community ist es üblich, das Geld einem Busfahrer mitzugeben, vor allem bei den älteren Migranten. Der Grund: Sie vertrauen dem klassischen Bankensystem nicht. In den 90er Jahren, während des Jugoslawienkrieges, kam es zu Plünderungen von privaten Bank- und Sparkonten.