Mit dem Ende der Ein-Kind-Politik hofft man auch auf mehr Mädchen. reuters
Mit dem Ende der Ein-Kind-Politik hofft man auch auf mehr Mädchen. reuters

Peking. (red) Es drang wie immer nicht viel nach außen, als hinter den Türen des Westhotels in Peking vier Tage lang klandestine Parteigeschichte geschrieben wurde: Am Donnerstag ging mit der fünften Plenarsitzung des 18. Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas das wichtigste innenpolitische Treffen des Jahres zu Ende.


Während hinter verschlossenen Türen um Macht und Einfluss gerittert wurde, manche Sterne auf- und mehrere vermutlich untergingen, wurden quasi nebenbei auch die Beschlüsse für den 13. Fünfjahresplan getroffen - mit weitläufigen Folgen für das Land. Während das Staats-TV nicht einmal den Tagungsbeginn verkünden durfte, wurde jetzt zumindest ein Beschluss öffentlich: Staatliche Medien meldeten offiziell das Ende der umstrittenen Ein-Kind-Politik. Von nun an dürfen alle Paare zwei Kinder bekommen.

China reagiert damit auf eine Reihe an Herausforderungen, deren Ursprünge auf das Jahr 1979 zurückgehen: Deng Xiaoping führte damals die Ein-Kind-Richtlinie ein, um eine Bevölkerungsexplosion zu verhindern. Die Geburtenrate sank infolge von 5,8 Kindern auf den heutigen Stand von 1,3 Kindern pro Frau. Die Direktive wurde rigoros durchgesetzt, die Maßnahmen reichten von behördlichem Druck über Strafzahlungen bis hin zur Zwangssterilisation.

Pilotversuche hinter Erwartungen

Schätzungen gehen von insgesamt 330 Millionen Abtreibungen, 200 Millionen Sterilisationen und 400 Millionen Spiralen aus. International bekannt wurde der Fall von Starregisseur Zhang Yimou, der offiziell zwei Söhne und eine Tochter hat. 2014 wurde er deshalb zu einer Strafe von umgerechnet über eine Million Euro verurteilt.

Mit der sinkenden Geburtenrate wuchsen jedoch auch die Probleme: Für eine stabile Bevölkerungsentwicklung ist eine Quote von 2,1 notwendig, und während die Bevölkerung in China immer älter wird, ist die Zahl der Erwerbstätigen überproportional gesunken. Eine weitere Folgeerscheinung ist das Geschlechterungleichgewicht, da in China traditionell Söhne bevorzugt werden. 2014 kamen knapp 116 neugeborene Buben auf 100 Mädchen, in der Gesamtbevölkerung Chinas liegt das Verhältnis bei 105 Männern zu 100 Frauen.

Die Ein-Kind-Politik war deshalb zuletzt aufgeweicht worden. So hatte Peking bereits 2013 eine Lockerung beschlossen, wonach Paare, von denen ein Partner Einzelkind ist, unter bestimmten Umständen zwei Kinder haben dürfen. Nach dem endgültigen Fall der Einschränkungen rechnen Experten laut "China Daily" nun mit 100 Millionen Paaren, die theoretisch zwei Babys bekommen könnten.

Die Frage ist, ob die Rechnung aufgeht: Nachdem Kindersegen in China Jahrhunderte lang für Glück - und soziale Absicherung - stand, blieben die bisherigen Pilotversuche mit zwei Kindern hinter den Erwartungen zurück. So entschieden sich beispielsweise in der Hauptstadt nur 6,7 Prozent der infrage kommenden Paare für ein zweites Baby, also ungefähr 30.000 Familien. 2014 schätzte die Stadtverwaltung noch, dass man ungefähr 54.200 zusätzliche Geburten pro Jahr verzeichnen könnte. 36 Jahre einer fruchtlosen Politik haben Spuren hinterlassen.