Jerusalem. Das Gemurmel der Menschen wird vom Knattern der Hubschrauber in der Luft übertönt. Die Sonne brennt auf das Parlament in Jerusalem und die Israelis, die ihrem ehemaligen Präsidenten Schimon Peres die letzte Ehre erweisen wollen. "Die Jüngeren erinnern sich an ihn als reizenden Präsidenten, als Großvater", sagt die Pfadfinderin Maayan Edelman.
Die 27-Jährige ist mit rund 200 anderen Pfadfindern schon Donnerstag früh gekommen, um am Sarg vor dem Gebäude vorbeizugehen.
Kämpfer für friedliche Nahost-Lösung
Der 93-jährige Friedensnobelpreisträger war am Mittwoch gestorben, zwei Wochen nach einem schweren Schlaganfall. Peres hatte bis zuletzt für eine friedliche Lösung des Nahost-Konfliktes gekämpft. Zum Staatsbegräbnis am Freitag in Jerusalem werden unter anderem US-Präsident Barack Obama und Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) erwartet.
Die weißen Flaggen mit dem blauen Davidstern wehen auf halbmast, als sich in der Früh um neun Uhr die Pforten öffnen. Zuvor hatten bereits Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und Präsident Reuven Rivlin mit seiner Frau Nechama am Sarg inne gehalten.
Die Polizei hat die Straßen in der Umgebung abgesperrt. Insgesamt sind rund 8.000 Polizisten an beiden Tagen im Einsatz, wie ein Sprecher sagt. Busse sollen die erwarteten Besuchermassen auf das Gelände bringen. Bereits gegen Mittag spricht ein Vertreter des Parlaments von rund 10.000 Menschen.
"Ich bin gekommen, um Schimon Peres meinen Respekt zu zollen, weil er ein großer Mann war", sagt Shalom Benyeshaya am Eingang zum Parlaments-Gelände. Er habe Peres schon Anfang der 1990er Jahre vor den Vereinten Nationen in New York reden hören, erzählt der 57-Jährige. "Ich dachte, er würde mindestens 110 Jahre alt." Peres sei so gesund gewesen, habe sich gut gefühlt. "Es ist ein großer Verlust", sagt Benyeshaya.
Peres wurde 1923 als Sohn eines Holzhändlers im damaligen Ostpolen geboren und kam 1934 nach Palästina. Seine Einwandererbiografie entspricht der vieler Menschen in Israel. "Es ist die Geschichte Israels", sagt Inbal Freund, deren Großmutter 1933 aus Deutschland geflohen war.
Peres prägte Aufbau Israels
"Dieser Pioniergeist, nicht immer den Regeln zu folgen, außerhalb des Rahmens zu denken - er hat das zelebriert, er hat das gelehrt", sagt die 37-jährige Jerusalemerin. Sie ist mit ihrem guten Freund Jake Bennett gekommen, der aus den USA zu Besuch ist. "Sein Leben sind die ersten 93 Jahre dieses Landes", sagt er. Der Aufbau Israels habe eben schon vor dem Holocaust begonnen.
Menschen legen Blumen und Kränze vor einem Bild Peres' nieder, machen Fotos vom Sarg und drehen Videos. Schülergruppen gehen vorbei. Hebräisch ist zu hören, Englisch, Spanisch. Peres galt als einer der wenigen im Ausland beliebten israelischen Politiker.
Pfadfinderin Edelman sagt allerdings auch über Peres: "Ich denke, es gibt eine Menge Dinge, bei denen die Menschen ambivalente Gefühle haben." Zu Beginn seiner Karriere habe er noch polarisiert, sei ein Linker gewesen, habe zu der Gruppe eher elitärer Juden aus Europa gehört. Doch er habe die Meinung der Menschen über sich geändert, sei sehr verbindend geworden. "Er war einfach für alle da."