Houston. (afp) Hunderttausende Menschen im Süden der USA leiden unter den Folgen des Wirbelsturms "Harvey". US-Präsident Donald Trump beeilte sich, den Sturmopfern mit einem Besuch in Texas zu zeigen, dass er die Katastrophe ernst nimmt. Klimaexperten werfen aber die Frage auf, ob Trump im Kampf gegen solche Stürme nicht etwas Wichtigeres tun könnte: Sich dem Kampf gegen den Klimawandel anschließen.

Als Katastrophe von "historischem" Ausmaß bezeichnete Trump die Auswirkungen von "Harvey". Den Klimawandel erwähnte der US-Präsident in diesem Zusammenhang nicht. Der Kampf gegen die Erderwärmung steht ohnehin nicht auf der Agenda des US-Präsidenten. Anfang Juni hatte er den Ausstieg seines Landes aus dem Pariser Klimaabkommen angekündigt und erklärt, die USA würden die Vereinbarung "ab sofort" nicht mehr umsetzen. Klimaschutzmaßnahmen würden in den USA Jobs kosten, argumentiert Trump. Dass der Klimawandel Katastrophen verursacht und dadurch der US-Wirtschaft große Schäden zufügen kann, glaubt er nicht. Vor seiner Wahl hatte Trump den Klimawandel sogar einmal als Erfindung der Chinesen bezeichnet.

Der Kieler Klimaforscher Mojib Latif sagt, Ereignisse wie "Harvey" könnten den Druck auf Trump in der Klimapolitik erhöhen. Allerdings hält Latif den US-Präsidenten für "absolut beratungsresistent". Wissenschafter wie Latif sind sich ziemlich sicher, dass Hurrikane, Zyklone und Taifune durch die Erderwärmung zwar nicht häufiger, aber verheerender werden.

"Harvey" sei zwar nicht durch den Klimawandel an sich verursacht worden, erklärt Stefan Rahmstorf vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Aber "seine Auswirkungen - die Sturmflut und vor allem die extremen Regenmengen - wurden sehr wahrscheinlich durch die vom Menschen verursachte globale Erwärmung verschlimmert".

Auswirkungen verstärkt

Weitgehend Einigkeit herrscht in der Wissenschaft darüber, dass der Anstieg der Meeresspiegel durch den Klimawandel die Folgen schwerer Stürme verstärkt. Denn je höher der Meeresspiegel, desto schneller werden Küstenstädte überschwemmt, so Atmosphärenforscher Kerry Emanuel vom MIT in Boston.

Wenn der verheerende Hurrikan "Sandy" nicht 2012, sondern ein Jahrhundert früher gewütet hätte, hätte er wahrscheinlich nicht Teile Manhattans überflutet, sagt Emanuel. Schließlich lag damals der Meeresspiegel etwa 30 Zentimeter niedriger. Valerie Masson-Delmotte vom Weltklimarat IPCC erklärt, dass die Erderwärmung außerdem zu einer feuchteren Erdatmosphäre führe, weil wärmere Luft mehr Wasserdampf aufnehme. Dadurch brächten Wirbelstürme mehr Regen als früher. Bei "Harvey" sind es die heftigen Regenfälle, die deutlich größere Schäden anrichten als der Wind.

Diskutiert wird laut Rahmstorf auch die Theorie, "dass die stärksten tropischen Wirbelstürme durch die steigenden Meerestemperaturen noch stärker werden, da die Energie dieser Stürme aus der Wärme des Meerwassers stammt". Überdies gibt es Hinweise dafür, dass der Klimawandel die Luftzirkulation in den mittleren Breiten der Erde verlangsamt. Auch "Harvey" hatte sich tagelang kaum voranbewegt, sodass der Regen lange auf die selben Gebiete fiel. Laut MIT-Forscher Emanuel kann die Erderwärmung zur plötzlichen Intensivierung von Stürmen beitragen, wie bei "Harvey". Das macht die Wirbelstürme trotz Fortschritten bei den Wettervorhersagen schwer berechenbar.

US-Präsident Trump richtet das Augenmerk auf die Rettungseinsätze und den Wiederaufbau nach dem Sturm. Klimaschutz als Sturm-Prävention ist bei ihm bisher kein Thema.